Nicht in der Glitzerwelt der Öffentlichkeit
Verein tagt zum neunten Mal in Dießen
Dießen Zum neunten Mal hat der Verein Betriebsrentner in der Dießener Mehrzweckhalle seine Jahresversammlung abgehalten. Mit einem kritisch-analytischen und durchaus polemischen Hauptreferat des Zweiten Vorsitzenden der „Aktion Demokratische Gemeinschaft“ (ADG), Otto W. Teufel, über das „Zweiklassenrecht in der Altersversorgung“, das zu einer „Zweiklassengesellschaft „in Deutschland führe und einem positiv-konstruktiven Koreferat des Betriebsrentner-Vorsitzenden Heider Heydrich mit dem Titel „Antwort auf die soziale Schieflage“, in der er das Verhältnis der verschiedenen Generationen beleuchtete, startete die Tagung.
An die 330 Teilnehmer konnte Schatzmeister Johann Lindner aus Dießen begrüßen. Die Zahl der Mitglieder des Vereins steigt kontinuierlich und erreichte dieses Jahr die 2000er Marke, wie Heydrich stolz feststellte.
Mit Otto W. Teufel hatten die Betriebsrentner einen kundigen Redner gefunden, der öffentlich zugängliches Datenmaterial mit den historischen Wurzeln unseres Rentenrechts und der gegenwärtigen Rentensituation kombinierte. Die Grundaussage Teufels, eines ehemaligen Siemens-Ingenieurs und Bruders des im vergangenen Jahr verstorbenen berühmten Kommunarden Fritz Teufel ist, dass die unterschiedlichen Versorgungssysteme im Alter, die es für die Menschen in Deutschland gebe, ein Relikt des Ständestaats des 19. Jahrhunderts sei. Je nachdem, ob man als Arbeitnehmer, Selbstständiger oder Beamter seine Arbeitszeit verbringe, sei sie verschieden. „Wir haben“, sagte Teufel, „in Deutschland unterschiedliche Systeme für die Altersversorgung. Die gesetzliche Rentenversicherung, die Politikerversicherung, die Beamtenversorgung und die berufsständischen Versorgungssysteme für die Selbstständigen.“ Teufel erklärt weiter, dass „heute zwar Selbstständige, Beamte und Richter eine angemessene Altersversorgung bekommen, uns Arbeitnehmer bzw. Rentner aber wird das verweigert, obwohl wir erhebliche Beiträge dafür zahlen, beziehungsweise gezahlt haben.“
Die durchschnittliche Rente habe sich in den vergangenen 30 Jahren halbiert, während die Altersversorgung von Beamten um das Zweieinhalbfache und die der Selbstständigen um das Doppelte gestiegen sei.
Des Weiteren seien die versicherungsfremden Leistungen, für welche die Rentenversicherung aufkomme, Sache des Bundes. „In keinem einzigen Jahr seit 1957 ist der Bund auch nur annähernd seinen Verpflichtungen nachgekommen. Der nicht gedeckte Betrag summiert sich inzwischen auf rund 700 Milliarden Euro, ohne Zinsen, wohlgemerkt“.
1957 hatte die damalige Bundesregierung die Rente vom Kapitaldeckungsverfahren auf das Umlageverfahren umgestellt und somit den Eigentumsschutz für die Rentenbeiträge aufgehoben. Dass die Renten nicht bezahlbar seien, wertete Teufel als Lüge. Es handele sich vielmehr um ein „Verteilungsproblem als um ein Finanzierungsproblem“.
Gleichheit und Schutz des Eigentums
Teufel schloss seinen Vortrag mit einem Aufruf: „Wir wollen“, appellierte er an die Teilnehmer, „gleiches Recht für alle Bürger. Wenn wir schon unterschiedliche Systeme der Altersversorgung akzeptieren müssen, verlangen wir Gleichheitssatz, Rechtsstaatsprinzip und Eigentumsschutz auch für Arbeitnehmer und Rentner.“
Heydrich nannte in seinem Vortrag das von Teufel geschilderte Zweiklassensystem in der Altersversorgung als die „wahre Tragödie unseres Staates“. Er verwies auf die Vielzahl von Arbeitnehmern, die „nicht genug verdienen, um den täglichen Bedarf zu decken und Vorsorge für ihr Alter zu betreiben.“ Es sehe schlecht aus für die Zukunft dieser Arbeitnehmer. „Mindestens 6,5 Millionen Bundesbürger haben keine auskömmliche Existenz und keine Aussichten auf ein abgesichertes Leben im Alter. Eine tickende Zeitbombe.“
Wir arbeiten „nicht in der Glitzerwelt der Öffentlichkeit“ charakterisierte Heydrich seinen Verein. Die Entwicklung der Mitgliederzahlen zeigt aber, wie sehr sich dieses Engagement doch in der Öffentlichkeit herumspricht.
Die Diskussion ist geschlossen.