Aktionstag in Landsberg: Was bei der Inklusion noch immer schiefläuft
Zum Protesttag zur Gleichstellung behinderter Menschen findet eine Aktion in der Fußgängerzone statt. Die Teilnehmenden fordern ein Leben ohne Barrieren.
Menschen mit Behinderung sind im Alltag kaum sichtbar – allein diese Feststellung zeigt, dass es in der Gesellschaft nach wie vor weitestgehend Parallelwelten gibt. Dabei sind es gar nicht wenige, die mit Behinderung ihren Lebensalltag bewältigen: 7,8 Millionen weist die Statistik – Stand 2022 – aus. So vielfältig Behinderungen auch sein können, vieles haben sie doch gemeinsam: Sie grenzen aus, machen von Hilfen abhängig, engen den Entscheidungs- und Aktionsspielraum ein und erhöhen die Gefahr, arbeitslos zu sein oder keine Wohnung zu finden.
Mehr Toleranz, Barrieren im Kopf abzubauen und Anerkennung statt Ausgrenzung waren Forderungen der Menschen mit Behinderung, die dem Aufruf des Beirates für Behinderung gefolgt waren und in der Fußgängerzone in Landsberg demonstrierten. Hoch in die Luft reckten sie die Schilder mit ihren Anliegen. „Selbstbestimmung für alle“, war darauf zu lesen, aber auch „Du bist gut so wie du bist“ oder „Inklusion ist ein Menschenrecht“. „Selbst bestimmen, wo und mit wem ich zusammenlebe“, so der Wunsch einer Demonstrantin, die, wie sie erzählte, derzeit mit einem Mitbewohner nicht gut zurechtkommt. Eric Kallert aus Pflugdorf klagte über zu viel Bürokratie. Zusammen mit seiner Betreuerin habe er sogar schon beim Besuch bei einer Behörde die Erfahrung machen müssen, dass nicht einmal die „Leute vom Amt wissen, wie man die Anträge ausfüllt.“ Die Hilfen „stehen uns zu, aber wir müssen uns durch einen Dschungel arbeiten“, sagte Kallert.
Die Barrierefreiheit im ÖPNV ist ein großes Thema
Neben bezahlbarem Wohnraum ist die Barrierefreiheit im ÖPNV ein großes Thema. Anja Ensan aus Kaufering, die bei der IWL in Landsberg arbeitet, beklagte, dass der Kauferinger Bahnhof noch immer nicht umgebaut sei. Ständig Unterstützung zu benötigen, das kennt auch Rollstuhlfahrer Manfred Eder, der seit 30 Jahren dem Beirat für Behinderung angehört. Durch die unterschiedlichen Einstiegshöhen der Züge und nicht angepasste Bahnsteige sei er immer auf Hilfe angewiesen, so Eder, der vor allem auch die Kirchen in der Pflicht sieht, von sich aus mehr für die Barrierefreiheit zu tun. Der Friedhof in seiner Heimatgemeinde Finning ist für ihn nicht erreichbar. Ebenso kann er in die Stadtpfarrkirche in Landsberg nicht ohne Hilfe hinein. Zwar gäbe es an einem Eingang mittlerweile eine Rampe, aber er könne die Tür nicht öffnen, sagte Eder, der noch weitere Anregungen für eine behindertenfreundliche Gestaltung der Stadt hatte. Ebene Streifen auf Rollstuhlbreite in gepflasterten Flächen würden Rollstuhlfahrern das Fortkommen erleichtern. „Eine Toilette für Menschen mit Behinderung sollte täglich rund um die Uhr geöffnet sein“, wünscht sich Eder, der sich beim Anbau an das Historische Rathaus – ohne Erfolg – dafür eingesetzt hat, einen Zugang zur Toilette von außen zu schaffen.
Zwar wurde in den vergangenen Jahren manches für Menschen mit Behinderung verbessert – das erkannte auch Matthias Albrecht, Leiter von Regens Wagner Holzhausen, in seiner Rede an. „Es bleibt aber noch viel zu tun.“ Er forderte mehr barrierefreien Wohnraum und Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, einen ÖPNV für alle, wobei er auch das AST einbezog sowie mehr inklusive Angebote für Kinder und Jugendliche in Vereinen und bei Freizeitangeboten. „Eine Welt ohne Barrieren ist für alle Menschen zugänglicher und lebenswerter“, so Albrecht.
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