Irsee: Podiumsdiskussion zu 175 Jahre Psychiatrie in Schwaben
1849 öffnete die "Kreis-Irren-Anstalt Irsee“. Jetzt haben sich Menschen mit psychischer Erkrankung mit Vertretern aus Psychiatrie und Politik ausgetauscht.
Im Jahr 1849 entstand die erste psychiatrische Einrichtung in Bayerisch-Schwaben. Diesen Anlass hat der Bezirk Schwaben in Kloster Irsee mit Menschen mit psychischer Erkrankung sowie Vertreterinnen aus Politik und Psychiatrie gefeiert. Die Veranstaltung war Auftakt der Reihe "175 Jahre Psychiatrie in Schwaben", die für psychische Erkrankungen, ihre Behandlung und die Bedürfnisse von Erkrankten sensibilisieren will.
Irsee: Umgang mit psychischen Erkrankungen hat sich enorm gewandelt
Am 1. September 1849 öffnete in Kloster Irsee die sogenannte "Kreis-Irren-Anstalt Irsee“ für 80 Patientinnen und Patienten ihre Türen. "Der Umgang mit psychischen Erkrankungen hat sich in 175 Jahren enorm gewandelt", sagte Bezirkstagspräsident Martin Sailer in seiner Begrüßungsrede.
Zugleich rücke das Thema seelische Gesundheit stärker ins öffentliche Bewusstsein – und das sei gut. Jeder Dritte in Deutschland leide im Lauf seines Lebens an einer psychischen Erkrankung. "Als Träger der psychiatrischen Versorgung in Schwaben wollen wir das Jubiläum nutzen, um auf die Situation der Betroffenen aufmerksam zu machen."
Dass das Thema seelische Gesundheit und die Arbeit der Fachkräfte auch dem Freistaat am Herzen liegt, betonte in Irsee Bayerns Staatsminister für Europaangelegenheiten und Soziales, Eric Beißwenger. Bei allen Höhen und Tiefen seien 175 Jahre Psychiatrie in Schwaben ein unvergleichlicher Erfahrungsschatz. "Mit der Expertise unserer Fachleute, der Unterstützung des Freistaates und einer großen Liebe zum Menschen werden wir das Bestmögliche für Menschen mit psychischen und psychiatrischen Erkrankungen bieten. Ohne Sie, die Fachkräfte, ginge in diesem Bereich allerdings gar nichts."
Patientenmorde in Kaufbeuren und Irsee während der NS-Zeit
Aus der Perspektive einer Expertin blickte Prof. Dr. med. Maike Rotzoll auf die Geschichte der Psychiatrie in Schwaben und die Patientenmorde in Kaufbeuren und Irsee während der NS-Zeit. Die Professorin für Medizin- und Pharmaziegeschichte sagte: "Warum es nach wie vor so wichtig ist, dass wir Medizinstudierende und alle, die in Medizin und Psychiatrie tätig sind, daran erinnern? Weil Impulse für die Verbrechen auch aus der Psychiatrie selbst kamen. Sie waren nicht nur Resultat einer von außen aufgezwungenen Politik und Ideologie, sondern auch zweckrational motiviert." Man müsse die problematischen Potenziale, die in der Medizin und der Psychiatrie liegen, im Blick behalten.
Wie sich die Versorgung psychisch Kranker im 21. Jahrhundert verbessern lässt, diskutierte eine Gruppe unter der Moderation des Ärztlichen Leiters des BKH Kempten, Prof. Dr. med. Markus Jäger. Die Sichtweise des psychiatrischen Fachpersonals schilderten Dr. Tomasz Antoni Jarczok, Chefarzt Kinder- und Jugendpsychiatrie am KJF Klinik Josefinum und Prof. Dr. med. Alkomiet Hasan, Direktor des BKH Augsburg. Für den Bezirk Schwaben sprach Walburga Bram-Kurz, die das niederschwellige Hilfsangebot Krisendienst Schwaben koordiniert.
Betroffene erzählt, was ihr am besten hilft
Die Betroffene Claudia Schulz schilderte: "Eine optimale Versorgung beinhaltet für mich die gemeinsame und auf individuelle Bedürfnisse und Ressourcen des Patienten abgestimmte Planung und einen ganzheitlichen Therapieansatz, der psychische und körperliche Aspekte gleichermaßen berücksichtigt." Auch Angehörige sollten einbezogen werden, ebenso die Fragen einer beruflichen und sozialen Reintegration. "Ich wünsche mir, ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben führen zu können.“
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