So klappt der private Schwimmunterricht
Ein Platz im Schwimmkurs ist auch im Unterallgäu ein Glücksfall. Felicitas Arnold von der DLRG gibt Tipps, wie Eltern ihren Kindern das Schwimmen beibringen können.
Der Rat an frischgebackene Eltern, sich am besten gleich kurz nach der Geburt ihres Sprösslings auf die Warteliste für einen Schwimmkurs setzen zu lassen, mag ein wenig überzogen wirken. Völlig aus der Luft gegriffen ist er aber nicht. Denn auch im Unterallgäu ist es inzwischen ein Glücksfall, einen freien Platz zu ergattern. Die vergangenen zwei Jahre haben die Situation weiter verschärft: Weil während der Lockdowns auch die Bäder geschlossen waren, stauen sich die Nichtschwimmer, die gerne endlich Schwimmer wären. Felicitas Arnold, die Vorsitzende der Ortsgruppe Bad Wörishofen der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) gibt Eltern deshalb Tipps, wie sie ihren Kindern das Schwimmen selbst beibringen können.
Wie wichtig das ist, steht für die Rettungsschwimmerin außer Frage. „Wenn ein Kind nicht Fußball spielen kann, ist das vielleicht schade“, sagt sie. „Aber wenn’s nicht schwimmen kann, ist das im Zweifel lebensgefährlich. Die Kinder springen ins Wasser und sind einfach weg. Das ist ein unheimlich schneller und stiller Tod.“ Einer, den im vergangenen Jahr allein in Bayern 60 Menschen gestorben sind, so viele wie in keinem anderen Bundesland.
Zu Beginn sollen sich die Kinder erst einmal ans Wasser gewöhnen
Dem eigenen Kind das Schwimmen beizubringen, ist allerdings oft gar nicht so leicht. Denn selbst versierte Schwimmer tun sich mitunter schwer, die Bewegungen, die sie selbst so mühelos und automatisiert beherrschen, richtig weiterzugeben. Alle, denen das bekannt vorkommt, finden Hilfe im Internet: Auf der Seite bayern-lernt-schwimmen.de haben der Bayerische Schwimmverband und die DLRG vier kurze Erklärvideos eingestellt.
Los geht es im ersten Teil noch nicht mit den fürs Brustschwimmen nötigen Arm- und Beinbewegungen, sondern erst einmal mit der Wassergewöhnung: Die Kinder sollen sich in dem meist ungewohnten Element wohlfühlen. „Wenn sie lernen, dass Wasser im Gesicht kein Problem ist, geraten sie nicht so schnell in Panik“, erklärt Felicitas Arnold, die selbst schon unzählige Schwimmkurse gegeben hat. Einfach im Becken planschen ist deshalb nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht. Auch zuhause in der Badewanne kann man das üben und den Kindern so die Scheu vor dem Wasser nehmen.
Den richtigen Beinschlag können die Kinder zunächst am Beckenrand üben
Dort können auch schon die ersten Atemübungen stattfinden: Die Kinder dürfen im Wasser mit dem Mund Blubberblasen machen oder ein Schiffchen mit dicken Backen vor sich hertreiben und lernen so, dass man ins Wasser ausatmen kann.
Als nächstes kommen die Beine dran, oder wie der Fachmann sagt: der Beinschlag. Mit schlagen ist es freilich nicht getan. Stattdessen muss man die Beine anziehen, die Füße nach außen drehen, die Beine im Bogen nach hinten stoßen und wieder zusammenführen. Das klingt kompliziert – und das ist es für Anfänger auch.
Der wichtigste Rat für alle ungeduldigen Eltern lautet: "Lassen Sie Ihrem Kind Zeit"
Felicitas Arnold empfiehlt deshalb, dass sich die Kinder erst einmal am Beckenrand festhalten und ein Erwachsener ihre Beine bewegt, damit sie sich den Bewegungsablauf einprägen können. Später können Schwimmbretter und Poolnudeln die richtige Wasserlage der Kinder unterstützen. „Hier sind sie gute Helfer“, sagt Felicitas Arnold. Weil sie aber wegrutschen können, bieten sie keine hundertprozentige Sicherheit und Eltern sollten ihre Nichtschwimmer unbedingt weiter im Blick behalten.
Im nächsten Schritt geht es um die Armbewegungen, den sogenannten Armzug: Die Kinder legen die Handflächen aneinander, strecken die Arme nach vorne aus, drehen die Handflächen nach außen und führen sie in einem weiten Bogen wieder vor den Körper zurück. Theoretisch kann man das auch im Trockenen üben. Die Fachfrau rät jedoch, mit den Kindern gleich ins Wasser zu gehen, damit sie dessen Auftrieb spüren und auch, dass ausholende Armbewegungen mit geschlossenen Fingern sie richtig vorwärtsziehen. Klappt die Bewegung im Stehen, laufen die Kinder durchs Becken. Danach dürfen sie sich eine Schwimmnudel unterklemmen, sich vom Boden abstoßen und zwei, drei Armzüge machen.
Sitzen diese und auch der Beinschlag, kann man beginnen, beides miteinander zu kombinieren: Auf drei Beinschläge folgen erst drei Armzüge, dann zwei Armzüge auf zwei Beinschläge bis irgendwann beide Bewegungen gleichzeitig funktionieren. Das aber kann dauern. Nicht von ungefähr rät die 34-Jährige: „Lassen Sie Ihrem Kind Zeit.“
Auch nach einem professionellen Schwimmkurs kann längst nicht jedes Kind schwimmen
Denn Schwimmen ist für die meisten Kinder schon allein aufgrund ihres Körperbaus ein Kraftakt: Der Kopf ist im Verhältnis zum übrigen Körper viel schwerer als bei einem Erwachsenen. Entsprechend anstrengend ist es, ihn über Wasser zu halten. „Das ist, wie wenn Sie mit einem Helm schwimmen gehen müssten“, veranschaulicht Felicitas Arnold.
Und die Kinder brauchen Zeit zum Üben: „Selbst nach zehn bis zwölf Schwimmstunden beim Profi kann längst nicht jedes Kind schwimmen“, ist ihre Erfahrung. „Da muss man hinterher dranbleiben. Aber wenn sich die Kinder über Wasser halten können und nicht sofort untergehen wie die Steine, ist schon viel gewonnen.“
Wer das "Seepferdchen" abgelegt hat, ist noch lange kein sicherer Schwimmer
Ihre DLRG-Ortsgruppe würde gerne mehr Kurse und Schwimmtrainings anbieten. Während der Pandemie hat die DLRG allein in Bayern 200 neue Schwimmlehrer ausgebildet, doch es fehlt an Bädern und Beckenzeiten. Aktuell klappert Felicitas Arnold deshalb die Bad Wörishofer Hotels ab und fragt, ob dort der eine oder andere Kurs stattfinden könnte. Allerdings scheitert es oft an den Zeiten. „Ich kann mit Kindern nicht erst um 19 Uhr trainieren“, sagt sie.
Umso wichtiger ist es, möglichst oft im Frei- oder Hallenbad zu üben, damit die Kinder sichere Schwimmer werden. Wer das „Seepferdchen“ absolviert hat, die erste Prüfung nach dem Schwimmkurs, ist das aus Sicht der DLRG übrigens noch keineswegs. Erst wenn die Kinder das Schwimmabzeichen in Bronze geschafft haben, sollte man sie unbeaufsichtigt ins Wasser lassen. Nicht umsonst wird das Abzeichen auch „Freischwimmer“ genannt.
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