„Volkstrauertag darf nicht zum erstarrten Ritual werden“
Landrat Erich Josef Geßner mahnt zur Wachsamkeit vor Kriegstreibern und Terroristen
Landkreis Überall in der Region haben die Menschen am gestrigen Volkstrauertag der Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen gedacht. Bei der Gedenkstunde auf der Kriegsgräberstätte Reutti zitierte Landrat Erich Josef Geßner den evangelischen Theologen und DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer: „Erinnerung tut not und gut, wenn sie nicht verklärt, aber uns erklärt, was war, was mit uns war und was aus uns werden kann.“ Geßner erinnerte an „all die Menschen, die im 20. Jahrhundert und am Anfang des 21. Jahrhunderts durch Krieg und Vertreibung, durch Gewalt und Gewaltherrschaft ihr Leben lassen mussten oder wegen ihrer Überzeugung, Religion oder Rasse verfolgt, geschunden und ermordet wurden“. Aus Anlass des 70. Jahrestages des Beginns des Russland-Feldzuges gedachte der Landrat auch derer, die an der Ostfront ihr Leben gelassen haben. Geßner warnte davor, den Volkstrauertag als ein erstarrtes, in die Vergangenheit gerichtetes Ritual zu sehen: „Wenn wir heute der vielen Millionen Menschen gedenken, die durch Krieg und Terror im 20. Jahrhundert durch diesen großen Zivilisationsbruch ihr Leben verloren haben, so ist es uns eine traurige, aber notwendige Ehrenpflicht, heute die gefallenen Soldaten der Bundeswehr in unser Erinnern mit einzubeziehen. Sie wurden bei Auslandseinsätzen in den asymmetrischen Kriegen unserer Zeit getötet – fern unserer, ihrer Heimat, etwa in Afghanistan.“ Geßner weiter: „Wir machen damit nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg als Deutsche zum ersten Mal wieder die bittere Erfahrung, dass zur Bewahrung beziehungsweise Wiederherstellung des Friedens junge Menschen ihr Leben lassen.“
Volkstrauertag müsse heute bedeuten, Verantwortung zu übernehmen, nicht wegzuschauen und den Krieg und die Kriegstreiber zu ächten. Krieg dürfe „nicht mehr kaltschnäuzige Fortsetzung einer imperialistischen Diplomatie mit anderen Mitteln sein“, sagte Geßner. Dies schließe aber die Erkenntnis ein, dass, wer den Frieden wolle, auch in der Lage sein müsse, Terror und Krieg die Stirn zu bieten.
Wie in Reutti hielten die Menschen auch bei den Ehrenmalen in den Stadt- und Ortsteilen von Neu-Ulm, Weißenhorn, Senden, Pfaffenhofen, Roggenburg, Holzheim, Nersingen und Elchingen Gedenkstunden für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. (az)
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