Opfer des Horror-Überfalls: "Das wird mich bis zum Lebensende verfolgen"
Drei Männer misshandelten einen 81-Jährigen, um an Geld und Wertgegenstände zu kommen. Einer der Einbrecher steht nun vor Gericht und sieht sich einem gebrochenen Opfer gegenüber.
Sie sollen ihn gefesselt, gefoltert und ausgeraubt haben. Vor gut zwei Jahren haben drei Einbrecher einem Neu-Ulmer Pensionär die schlimmste Nacht seines Lebens beschert. "Dieser Vorfall wird mich bis zu meinem Lebensende verfolgen", sagte der mittlerweile 83-Jährige nun am ersten Prozesstag gegen einen der Täter vor der großen Strafkammer des Landgerichts Memmingen.
Die brutale Tat ereignet sich in der Nacht auf den 26. Juli 2020. Drei Männer dringen gegen 2.30 Uhr in ein Haus im Neu-Ulmer Ortsteil Gerlenhofen ein. Dort finden sie den schlafenden Hauseigentümer vor und fesseln ihn mit Kabelbindern. Einer der Täter schlägt ihm ins Gesicht und sticht ihm mit einer Nagelfeile in das Nagelbett des großen Zehs sowie des rechten Zeigefingers. Sie sind auf der Suche nach dem Schlüssel für den Tresor, der sich im Keller befindet. Der ältere Herr möchte ihn nicht herausrücken. "Ihr könnt mich umbringen, ihr kriegt den Schlüssel nicht", ruft er den Einbrechern zu. Schließlich überschütten sie das gefesselte Opfer mit Whiskey und drohen dem Mann, ihn anzuzünden. Der 81-Jährige bleibt jedoch standhaft, bis die Täter von ihm ablassen und mit Wertgegenständen im Wert von rund 5500 Euro fliehen. Das verwundete Opfer kann sich danach trotz der Fesselungen aus der Situation befreien und Hilfe holen.
Ein 37-jähriger Georgier steht wegen des Horrorüberfalls vor Gericht
Ein 37-jähriger Georgier muss sich nun an mehreren Verhandlungstagen vor dem Landgericht Memmingen wegen besonders schweren Raubes, schwerer Körperverletzung, Sachbeschädigung und Diebstahl verantworten. Er wurde Anfang des Jahres eher zufällig wegen eines anderen Delikts in Hamburg gefasst, der DNA-Vergleich verriet ihn. Die weiteren Täter sind nach wie vor unbekannt.
Vor dem Vorsitzenden Richter Thomas Hörmann zeigte sich der Angeklagte sofort geständig. Er sei damals in schweren finanziellen Nöten gewesen, übersetzte die anwesende Dolmetscherin für ihn. "Ich habe meinen Job verloren und hatte ein Alkohol- und Drogenproblem", ergänzte er. Dann sei damals ein Mann aus der Drogenszene mit einem Angebot auf ihn zugekommen. Dieser habe von seiner Vorgeschichte gewusst, "ich habe schon mal einen Einbruch gemacht", sagt er. "Ich wurde also gefragt, ob ich bei einem Einbruch in Neu-Ulm einen Tresor öffnen könnte."
Seit dem brutalen Überfall schläft das Opfer keine Nacht mehr durch
Aus Geldnot habe er sich dazu bereit erklärt. Der Angeklagte beteuerte vor Gericht, dass ihm seine Mittäter zugesagt hätten, dass das Haus zum Zeitpunkt der Tat leer sein werde. "Sonst hätte ich mich niemals darauf eingelassen". Dem war nicht so. Während also zwei der Männer – es handelte sich laut dem Angeklagten um einen weiteren Georgier und wahrscheinlich einen Russen – den Pensionär in seinem Bett schlugen und folterten, machte sich der Angeklagte im Keller an dem Tresor zu schaffen. Immer wieder habe er von seinen Mittätern gefordert, dass diese dem älteren Herren keine Gewalt antun sollen, sagt er. Auf den Gedanken, die Tat abzubrechen oder dem Mann zu helfen, kam er jedoch nicht.
"Ich habe schwere Schuld auf mich geladen", sagte er nun. "Ich bereue das sehr." Es gebe nichts, womit er sein Verhalten rechtfertigen könne. Dem 83-jährigen Opfer helfen diese Worte nichts. Er hat neben den körperlichen Verletzungen eine psychische Belastungsstörung davongetragen. Vor Gericht machte er einen zerstreuten Eindruck, an zahlreiche Aspekte der Tat konnte er sich nicht mehr erinnern. "Seit dieser Nacht habe ich Erinnerungslücken", beklagte er. Früher habe er immer hervorragend geschlafen, seit zwei Jahren sei dies vorbei. "Ich schlafe keine Nacht mehr durch, wache ständig auf und schaue sofort zur Tür". So groß sei die Angst, dass wieder Einbrecher in sein Haus kommen könnten.
Der Angeklagte bittet den Pensionär um Entschuldigung
Woher die Täter von der Existenz des Tresors wussten, bleibt vorerst Spekulation. Das Opfer zeigte sich vor Gericht sicher, dass es sich um einen fernen Bekannten seiner russischen Lebensgefährtin handelt. Dieser habe bei ihm hin und wieder den Rasen gemäht, sie seien aber auch mal gemeinsam in der Sauna gewesen. Von dem Tresor und seinem Vermögen habe er gewusst, erklärte der 83-Jährige. Ansonsten käme für ihn niemand infrage.
Während seiner Ausführungen mied der Neu-Ulmer den Blickkontakt zum Angeklagten. Zu viel Angst habe er vor ihm, sagte er. Auch die Entschuldigung des 37-Jährigen wollte er nicht persönlich annehmen, der Pflichtverteidiger richtete ihm die Geste aus. Gegen Ende des ersten Verhandlungstages kamen dem 83-Jährigen die Tränen. Mit seiner Lebensgefährtin trat er den Heimweg nach Neu-Ulm an.
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