"Überwindung der Schwerkraft": Kunsthalle Weishaupt eröffnet neue Ausstellung
Am Sonntag eröffnet die Kunsthalle Weishaupt eine Retrospektive mit Werken des Stuttgarter Künstlers Wolfram Ullrich, der es bestens versteht, die Augen der Betrachter mit simplen geometrischen Formen zu verwirren.
Künstler Wolfram Ullrich hat das Spiel mit der Perspektive perfektioniert. Das zeigt schon sein Werk "Janub", das die Besucherinnen und Besuch im Foyer der Kunsthalle Weishaupt begrüßt. Ob man es von links oder rechts betrachtet macht einen enormen Unterschied: Kaum zu glauben, dass es sich um ein und dasselbe Kunstwerk handelt. Die Ausstellung im zweiten Stock der Kunsthalle zeichnet den Weg des Künstlers von einfachen viereckigen Stahlkreationen zu den raffinierten optischen Spielereien wie "Janub" nach.
Mit dieser Ausstellung geht ein Wunsch in Erfüllung
Aus vier viereckigen Elementen setzt sich dieses Werk zusammen, die je nach Betrachtung mal fast perfekt quadratisch und mal wie sehr lange Rechtecke wirken. Stammgäste des Museums dürften sich hier schon an die im Oktober 2022 eröffnete Ausstellung "Reine Formsache" erinnert fühlen, in der ein ähnliches Werk Ullrichs prominent platziert war. Wolfram Ullrich ist in der Tat kein Unbekannter in der Sammlung Weishaupt, wie Kunsthallen-Direktorin Kathrin Weishaupt-Theopold sagt. Er war in einigen Gruppenausstellungen zu sehen. Mit dieser Schau, die ausschließlich mit Werken von Wolfram Ullrich bestückt ist, erfüllt sich nun ein langgehegter Wunsch.
Insgesamt 25 Werke führen in der Kunsthalle nun durch das rund vier Jahrzehnte währende Schaffen des Künstlers, manche stammen direkt aus der Sammlung Weishaupt, viele aus dem Besitz des Künstlers und einige sind Leihgaben anderer Sammler. Mehr oder weniger chronologisch lässt sich die Weiterentwicklung des künstlerischen Schaffens nachvollziehen. Von frühen Werken, bei denen Ullrich sich erstmals dem Material Stahl zuwandte, über seine Faltungen, mit denen er den Schritt weg von der Wand und in den Raum hinein wagte bis zu den zeitgenössischen Werken wie "Wow", das mit einer Breite von mehr als 17 Metern auch in Sachen Größe im Oeuvre Ullrichs hervorsticht. Obwohl so groß und ganz offensichtlich aus Metall geschaffen, wirkt auch dieses Werk nicht schwer. Hier die ihm so wichtige Leichtigkeit zu behalten, sei eine Herausforderung gewesen, wie Ullrich einräumt. Dabei hat er viel Erfahrung damit, Schweres federleicht wirken zu lassen - worauf im Übrigen auch der Titel der Ausstellung "Überwindung der Schwerkraft" anspielt. Seine Werke scheinen an der Wand zu schweben, Haken oder Schienen sind nicht zu sehen.
Wolfram Ullrich gewährt einen Blick durch besondere "Fenster"
Heraus stechen in der Ausstellung auch Wolfram Ullrichs "Windows", seine Fenster - eine Werkreihe, die Anfang der 1990er entstand und mit der er tatsächlich in den Bereich der Skulpturen vordrang. Geometrisch präzise erforschte Ullrich hier den Zusammenhang zwischen dem Innen und Außen eines Werks - der äußere Umriss wiederholt sich nämlich in der ausgeschnittenen Form. Als "Blick durch ein Fenster" interpretiert, bettet Ullrich die Werke zugleich in einen großen kunsthistorischen Kontext.
Seine Arbeiten nennt Künstler Wolfram Ullrich selbst einen Dialog zwischen dem Tatsächlichen und Imaginären, der mittels einfacher geometrischer Formen diskutiert werde. Vieler seiner Werke bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen Zwei- und Dreidimensionalität, das es mathematisch betrachtet natürlich nicht gibt - in den Köpfen des Betrachters aber sehr wohl. Etwa wenn er vor "Orbit Messier" steht, das in der Kunsthalle so aufgehängt ist, dass der Betrachter nicht direkt davor treten kann. Aus dieser Entfernung ist es nur schwer zu ergründen, ob diese Kreise (genau genommen natürlich Ellipsen, die unser an dreidimensionales Sehen gewöhntes Gehirn aber sofort in gekippte Kreise umdeutet) aufgemalt sind oder doch aus der Wand hervortreten. Nur dank einiger anderer ähnlich geschaffener Werke in dieser Ausstellung wird klar, wie es sich "Orbit Messier" verhält.
Das ist ein Beispiel, das zeigt: Wer die Werke Wolfram Ullrichs wirklich erfahren will, dem bleibt der Weg in die Kunsthalle Weishaupt nicht erspart. Auch Fotografien können die Wirkung seiner Werke nur unzureichend wiedergeben. Die Ausstellung "Wolfram Ullrich - Überwindung der Schwerkraft" ist dort noch bis zum 29. September zu sehen.
Termin: Eröffnung der Ausstellung am Sonntag, 10. März, 11 Uhr, Eintritt frei. Künstlerführung mit Wolfram Ullrich am Sonntag, 24. März, und Sonntag, 15. September, jeweils 15 Uhr.
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