Nazi-Vergangenheit von Paul Winter: Kein Vorbild mehr für Schüler
Das Vorbild Paul Winter taugt nicht mehr. Enthüllungen zu seiner Nazi-Vergangenheit rücken ihn in ein völlig neues Licht. Denn Winter selbst förderte die Legendenbildung.
Seit fast 70 Jahren feiert die Stadt Neuburg ihren "großen Sohn" Paul Winter. Zu Recht, wenn man ihn allein als Komponist und Musikwissenschaftler sieht. Doch dieser einseitige Blick ist falsch. Das hat die Forschung Manfred Veits nun eindringlich bestätigt. Spätestens jetzt ist Zeit, dass die bisher unreflektierte Würdigung Paul Winters beendet und kritisch hinterfragt wird. Bestätigen sich die jetzt veröffentlichten Details, braucht die Realschule am Kreuter Weg wohl einen neuen Namen.
Seine Musik aus der Historie der Stadt zu tilgen, wäre falsch und erneut einseitig. Doch Paul Winter kann für Schülerinnen und Schüler kein Vorbild mehr sein. Der Musiker selbst hat sich nie von seinen Taten und seiner Rolle in der Wehrmacht distanziert. Im Gegenteil - er nutze die ihm gebotenen Möglichkeiten, um sich einer Konfrontation mit der eigenen Geschichte zu entziehen. Auch das beschreibt Veit mit zahlreichen Quellen als Beleg auf den 34 Seiten: Dass Winter lieber seinen "labilen Gesundheitszustand" und "ausgeprägte Gedächtnislücken" vorgab, als nach Ende des Dritten Reiches Selbstkritik zu beweisen. Er gab an gezwungen gewesen zu sein, im Soldatenberuf seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Paul Winter hat sich selbst nie von seiner Vergangenheit distanziert
Folglich geht es in der jetzt wieder aufgeflammten Debatte um Paul Winter weniger um die Frage von Schuld als Mittäter im Dritten Reich - wer kann von sich schon behaupten, dass er nicht mindestens Mitläufer gewesen wäre. Nein, es geht darum, dass Winter selbst nie Reue zeigte, gar alles verharmloste oder verheimlichte. Nur noch Komponist, so wollte Winter sich selbst sehen und von seiner Umwelt gesehen werden. Das belegen die Quellen eindeutig.
Diesen Gefallen aber kann die Stadt Neuburg und auch der Landkreis Paul Winter nicht mehr tun. Denn die Wahrheit liegt auf dem Tisch und verändert die Wahrnehmung. Eine kritische und offene Debatte sollte folgen.
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