Wiesenbrüter-Schutz im Landkreis: Was die Landwirte grantig werden lässt
Gebietsmanagerin Marie Heuberger berichtet im Umweltausschuss über den Bestand der Wiesenbrüter im Kreis Neuburg-Schrobenhausen. Ihr Fazit ist eher ernüchternd und mancher Landwirt ist grantig.
Er steht ganz oben auf der Roten Liste und ist wie so viele andere Wiesenbrüter vom Aussterben bedroht: der Große Brachvogel. Im Landkreis sind im vergangenen Jahr gerade einmal drei Küken flügge geworden. „Das ist viel zu wenig“, sagt Marie Heuberger. Die Ornithologin hat Naturschutz und Landschaftsplanung studiert und ist seit März als Gebietsmanagerin unterwegs, um sich um den hiesigen Bestand der Wiesenbrüter zu kümmern. Im Umweltausschuss des Kreistags berichtete sie nun über den Stand der Dinge – und geriet mit den Kreisräten, die zugleich Landwirte sind, aneinander.
„Wenn wir nichts unternehmen, wird der Große Brachvogel verschwinden“, mahnte Heuberger. Zu den ersten Schritten, um die Tiere, die bis zu 30 Jahre alt werden können, zu schützen, gehört vor allem die Gelegesuche. Im Anschluss wir der Schlupfzeitpunkt ermittelt. „Die Brutzeit ist zwischen April und Juli und beträgt etwa 30 Tage“, erklärte Heuberger, deren Gebiet sich auf Langenmoosen und Lichtenheim erstreckt. Sobald die Küken geschlüpft sind, werden sie mit winzigen Sendern ausgestattet, um deren Bewegungen überwachen zu können. „Man darf sich hier keinen GPS-Sender vorstellen, sondern es geht um Radiotelemetrie.“ Heißt: Es werden zweimal täglich mit der Handantenne Signale eingefangen und die Daten im Anschluss ausgewertet.
Donaumoos: Nur drei Brachvogelküken 2021 flügge geworden
Im vergangenen Jahr wurden zwölf Nester mit insgesamt 43 Eiern gefunden und 21 Küken sind geschlüpft – flügge geworden sind allerdings nur drei. Heuer ist die Bilanz noch mauer. So sind zwar 23 Küken geschlüpft, allerdings hat nur eines überlebt. Von 18 besenderten Küken im vergangenen Jahr sind elf tot aufgefunden worden oder waren verschollen, zwei wurden von Fressfeinden und ebenfalls zwei bei der Mahd getötet. Heuberger ist sich sicher, dass eine Verschiebung der Mahd, oder das Stehenlassen von Teilen der Wiese, die Flächen nässer zu machen sowie ein entsprechendes Management der natürlichen Fressfeinde sich positiv auf den Bestand der Tiere auswirken würde. „Es ist eher fünf nach als fünf vor zwölf.“ Daher sei der Austausch mit Landwirten, aber auch den Jägern enorm wichtig.
„Sie kümmern sich wirklich rührend“, lobte Kreisrat Martin Wendl (Grüne) die Arbeit von Heuberger, deren Stelle durch den Bayerischen Naturschutzfonds gefördert und den Landesbund für Vogelschutz (LBV) getragen wird. Doch er sehe nur einen schwachen Erfolg der Maßnahmen. „Die Landwirte kommen uns im Rahmen ihrer Möglichkeiten entgegen, aber bis 1. Juli verschiebt keiner die Mahd. Für die meisten ist nur ein Aufschub bis zum 15. Juni möglich, da sonst die Futterqualität zu schlecht wird. Das ist aber nur eine kleine Verbesserung und reicht nicht aus. Nur eine Verschiebung bis zum 1. Juli ist ein wirklicher Gewinn für die Vögel“, erklärte die Fachfrau, die durchaus um die wirtschaftlichen Pflichten der Bauern weiß.
Wiesenbrüter-Schutz im Kreis Neuburg-Schrobenhausen: Landwirte fühlen sich als Sündenbock
Rupert Omasreiter (CSU) sieht in dem Ganzen nur ein Fazit: „Die Landwirte sind schuld.“ Vor rund 15 Jahre habe er immer sechs bis acht Kiebitzpaare auf seinen Flächen gehabt. „Und mittlerweile kommt eine Armada von Störchen, die alles nieder macht.“ Und als Jäger habe man nicht viele Möglichkeiten, „außer wir bejagen Fuchs, Marder und Greifvögel“, sagte er fast schon ironisch.
Es kämen immer mehrere Faktoren zusammen, sagte Verena Auernhammer, Teamleiterin für Wiesenbrüter vom LBV. „Wir haben ein extrem schlechtes Mäusejahr und da holt sich auch ein Greifvogel mal ein Küken.“ Rund 80 Prozent Gefahr für die Vögel geht von Feinden vom Boden aus und nur 20 Prozent kommen aus der Luft. „Und wir können nicht einfach mal beschließen, Greifvögel abzuschießen.“
Maßnahmen für Wiesenbrüter-Schutz im Landkreis: Mitglieder des Umweltausschusses sind grantig
Paul Strixner (FW) sieht im Solarpark Schornhof ein „Paradies für Vögel“. Die Fläche sei feucht, das Gras kurz und die Solarelemente böten Deckung. Man müsse das Unkraut wegmachen, „bei der Wildnis geht da kein Vogel rein.“ Heuberger erklärte, dass die Brachvögel offene Flächen bevorzugten und Auernhammer ergänzte: „Die Möglichkeit mit PV-Anlagen den Artenerhalt zu fördern, ist ein Thema, das wir uns anschauen müssen, aber Brachvogel und Keibitz gehen da sicherlich nicht rein.“ Strixner platze der Kragen: „Immer sind wir Landwirte Schuld, aber vielleicht machen ja auch Sie Fehler.“ Peter Mießl (SPD) versuchte zu schlichten: „Wir sind alle Schuld, weil wir diese intensive Landwirtschaft wollen.“ Rupert Omasreiter stimmte seinen Landwirtskollegen Strixner zu: „Für mich ist das ein Schreckensszenario und ich fühle mich angegriffen.“
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