Gekappter Baum in Rudelstetten: "Hat das noch was mit Naturschutz zu tun?"
Bürger meinen, dass ein Baum in Rudelstetten verunstaltet wurde, damit ein Storchennest umgesiedelt werden konnte. Ein Storchenexperte rechtfertigt die Maßnahme.
Der Vorfall ist schon einige Wochen her, doch der Ärger in Rudelstetten ist weiterhin groß. "Es war einmal ein schönes Bild", sagt Inge Radler, Vorsitzende des Vereins für Dorfkultur und Landespflege Rudelstetten. Jenes Bild, von dem Radler spricht, bot der Blick hinter der Kirche St. Ulrich nach Osten, genauer gesagt, auf einen Baum. Und der ist nun, so empfinden das nicht nur Vereinsvertreter, nun ein "Schandfleck" im Ortsteil.
In der Nähe des Baumes liegen einige dicke Stämme, wohl Überbleibsel des einmal imposanten Baumes, wie er einmal am Rodelbach stand – jetzt gibt es noch einen größeren Ast, der in die Höhe ragt, daneben ein Stumpf, auf dem eine Palette mit einem Storchennest steht. Norbert Dürrwanger ist ein Gründungsmitglied des Vereins, mit Blick auf die abgesägten Stümpfe sagt er an einem windigen Nachmittag in Rudelstetten: "Es ist viel Baum", Inge Radler meint eher: "Es war einmal viel Baum." Die beiden erzählen die Geschichte des gekappten Baumes so: Schon seit Jahrzehnten gebe es ein Storchennest auf dem Kirchturm, doch in den vergangenen Jahren bauten Störche ein zweites Nest auf dem Kirchendach. Eines sei einmal runtergeweht worden und Jungstörche ums Leben gekommen. Es wurde ein Gestell angebracht, das aber sei auch keine sichere Lösung gewesen.
Alerheims Bürgermeister Alexander Joas kann den Ärger nachvollziehen
Schließlich sei die Idee aufgekommen, das Nest in die bestehende Pappel am Bachufer zu setzen, so Radler. Grundsätzlich kein Problem: "Aber die haben nicht bloß einen Ast abgesägt, sondern nur noch einen Ast stehen gelassen." Der Baum sei ortsprägend gewesen, "jetzt ist das nur noch ein Schandfleck".
Auch Bürgermeister Alexander Joas schildert, dass es in den vergangenen Jahren Probleme mit dem zweiten Nest gab, statisch sei das auf der Kirche nicht vertretbar gewesen. Man habe für das Nest einen Alternativstandort benötigt, so sei die Wahl auf jenen Baum gefallen. Schließlich sei der Baum im Februar aber derart "verunstaltet" worden: "Wir müssen jetzt klarkommen, ich kann die Wutausbrüche aus der Bevölkerung verstehen. Hat das noch was mit Naturschutz zu tun, einen kompletten Baum zu zerlegen?" Eigentlich hätte nur ein Seitenast entfernt werden sollen.
Storchenexperte sagt, in Rudelstetten habe eine Notlage vorgelegen
Inge Radler betont auch, dass der Verein keineswegs gegen Störche sei, im Gegenteil, er werde in Rudelstetten als Storchenverein bezeichnet, habe sich immer wieder für die Tiere starkgemacht; Radler wäre bereit gewesen, einen Ersatz-Mast aufzustellen. Auch Vereinskollege Dürrwanger sagt: "Das Storchennest gehört zu Rudelstetten dazu."
Anton Burnhauser berät Naturschutzbehörden ehrenamtlich, er betont aber, dass er kein Storchenbeauftragter sei. Er war an dem Fall beteiligt und schildert im Gespräch mit unserer Redaktion, dass die Pappel ein naheliegender Standort gewesen sei: Man müsse es im Verhältnis sehen: Bürger und Privatgebäude sollten geschützt werden, dafür habe der Baum angepasst werden müssen. Burnhauser betont den Zeitdruck: "Auf die Schnelle einen Holzmast zu besorgen ging nicht, wir mussten schnell Ersatz beschaffen. Es war eine Notsituation." Burnhauser sagt, dass Störche immer mehr versuchten, an unmöglichen Plätzen zu bauen, das beobachte er gerade bei Jungstörchen. Der Siedlungsdruck der Tiere sei groß, er sei froh, wenn sich die Tiere auch in den Dörfern und nicht nur in den Städten ansiedelten und sich verteilten.
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