Wie ein Windrad in Rühlingstetten zu einer Erfolgsgeschichte wurde
Das Windrad in Rühlingstetten war einmal das größte in Bayern. Eine der Betreiberinnen schildert, wie es zum Bau kam und warum das Windrad fast immer läuft.
Drei Personen in Rühlingstetten hatten 2012 eine Vision: Mit großem Mut investierten sie Geld und vor allem sehr viel Zeit in die Idee, ein gemeinschaftlich finanziertes Windrad zu bauen. Seit 2015 liefert es jetzt Strom in das Netz, rund 6,2 Millionen kWh/Jahr.
Die Geschichte, wie aus einer Vision ein erfolgreiches Geschäft wurde, erzählt Erna Lechner bei einer Führung: Zusammen mit Wolfgang Utz und Jochim Steinmeyer konkretisierten sie die Idee zum Bau des Windrads und die frühzeitige Einbindung der Einwohnerinnen und Einwohner in das Vorhaben. "Am Anfang haben wir neben unserer hauptberuflichen Tätigkeit sehr viel Zeit in das Projekt investiert", so Lechner. "Die Unterlagen für den Bauantrag füllten damals mehr als 21 Ordner." Heute habe sich der Aufwand für die Verwaltung der Gesellschaft deutlich reduziert, "es sind noch etwa drei Stunden in der Woche."
Der Großteil der Menschen in Rühlingstetten hat sich am Windrad beteiligt
Betreiber des Windrads ist die "Bürgerwindkraft Rühlingstetten UG & Co.KG". Die Gesellschaft wird von den drei Gründern geführt, sie sind die Komplementäre. Dazu kommen 59 Kommanditisten, die das Windrad mitfinanzierten und heute vom Ertrag profitieren. Rühlingstetten hat 100 Einwohnerinnen und Einwohner. Es sind also ein Großteil Mitglied der Kommanditgesellschaft. Die Höhe der Einlage konnte im Gründungsjahr 2013 jeder selbst bestimmen. Minimum waren 10.000 Euro, Maximum 150.000 Euro – die allerdings pro Familie. Wer heute nicht dabei ist, hat sich in der Gründungsphase dagegen entschieden oder ist in den vergangenen Jahren zugezogen. Neuaufnahmen gibt es nicht.
Erna Lechner sieht die Einbindung und Beteiligung der Rühlingstetter als Hauptgrund dafür, dass es keinerlei Beschwerden zum Betrieb des Windrads gebe. Das Vertrauen in die Planung habe sicher auch erhöht, dass die Komplementäre im Ort wohnen, meint Lechner.
Rühlingstettener Windrad ging vor Einführung der 10H-Regel in Betrieb
Die Baukosten betrugen insgesamt 5,2 Millionen Euro. Die Rühlingstetter brachten 42 Prozent dieser Summe auf, den Rest finanziert eine heimische Bank. Es gibt eine Rücklage für den Rückbau in Höhe von 276.000 Euro. Außerdem wurde ein Umweltausgleich von 39.000 Euro fällig. Dieser werde in vielen kleinen Projekten geleistet, die alle im nahen Umfeld angesiedelt sind.
Das Windrad wurde 2014 vor Einführung der 10H-Abstandsregel in Betrieb genommen. Es war damals das Größte in Bayern. Bei der Wahl der technischen Parameter stand im Vordergrund, dass es bei möglichst vielen Windverhältnissen laufen kann. Deswegen wurde auf kurze Flügel gesetzt. "Es läuft mit einer Geschwindigkeit zwischen 2,5 und 34 Metern pro Sekunde – also meistens, was manche Beobachter irritiert", erzählt Erna Lechner. Das Windrad ist 200 Meter hoch, die Nabe liegt auf 149 Meter Höhe. Es ist getriebelos, hat eine variable Drehzahl und Einzelblattverstellung.
Strom aus dem Windrad kann nicht gespeichert werden
Eine Speichermöglichkeit für den produzierten Strom gibt es nicht. Bei der Einspeisung gilt der Vorrang: Sonne vor Wind. Das kann bedeuten, dass im Sommer das Windrad vom Stromversorger vom Netz genommen wird, weil die Aufnahmekapazitäten nicht ausreichen. Dass das aus energiepolitischer Sicht keine gute Lösung ist, ist klar. "Aber uns stört es letztlich nicht", sagt Lechner, "denn der produzierte Strom wird uns trotzdem bezahlt".
Welcher Aufwand im Bau von Zufahrt und Windrad steckte, welche Ausmaße Elemente wie Gondel und Rotor haben, verdeutlichten Bilder einer Präsentation von Lechner viel besser als die nackten Zahlen, die an einer Tafel am Fuße des Windrads abzulesen sind.
Die Führung wurde von der Volkshochschule in Oettingen angeboten. Wegen des großen Interesses gibt es eine Wiederholung, der Termin stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Die Vhs ist erreichbar unter der Telefonnummer 09082/90154.
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