Ob die noch schmeckt? Lübeck und seine Uralt-Torte
Die Stadt Lübeck feiert eine wirklich wundersame Nusstorte - in wundersamen Worten. Das Backwerk ist 79 Jahre alt. Aber leider etwas verkohlt.
So vieles gibt es, das wir nicht verstehen. Zumal in diesen irren Zeiten, in denen man diesem Satz noch das Wörtchen „wollen“ anbei geben muss. In Lübeck jedenfalls will man eine „Torte als Zeitzeuge“ verstehen und glaubt an eine Art Wunder.
So steht’s in einer Pressemitteilung, die zu lesen ein Genuss ist. Mit allen Zutaten der deutschen Sprache, vor allem Adjektiven (bedeutsam, fantastisch, intim), wird in ihr ein „sehr ungewöhnlicher“ Fund gefeiert, den die Abteilung Archäologie der Hansestadt freigelegt habe: „eine ganze Torte“. „Das fein mit Glasur, Randverzierungen und Spritzdekor versehene Backwerk ist nahezu unversehrt und war sorgsam in Wachspapier eingeschlagen“, heißt es. Allerdings, und das zügelt den Appetit: Es sei stark verkohlt.
Das Backwerk sei "nahezu unversehrt", heißt es
Angesichts der Umstände kann man das dem 79 Jahre alten Backwerk – eine Nusstorte mit Krokant-Ummantelung – nachsehen. Eine Torte aber, alte Weisheit, kommt selten allein! Und tatsächlich: Neben dem „einzigen archäologisch freilegten Feingebäck seiner Art in Norddeutschland“ entdeckte man im Keller eines bei einem Bomben-Luftangriff 1942 zerstörten Hauses „ein ganzes Kaffeeservice“. Sowie Schellackplatten, darunter Beethovens Mondscheinsonate.
Die Torte, die „durch ihre eigene Vergänglichkeit und fragile Materialität den direkten Moment der Zerstörung“ widerspiegele, soll künftig ausgestellt werden. Und wohl scharenweise Touristinnen und Touristen nach Lübeck locken. Ließe sich nicht auch in Augsburg irgendwo ein alter Zwetschgendatschi auftreiben? Oder in München eine Leberkässemmel?
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