Piraten kapern offenbar Frachter auf der Ostsee
Schwedens Polizei ermittelt mit Hochdruck wegen einer möglichen Schiffkaperung auf der Ostsee.
Stockholm (dpa) - Es klingt wie aus einem Schweden-Krimi: Maskierte, bis an die Zähne bewaffnete Männer auf einem pfeilschnellen, großen Gummiboot kapern nahe der sommerlich- idyllischen Ostseeinseln Gotland und Öland einen Frachter. Sie geben sich als "Drogenfahnder" aus, nehmen die Besatzung gefangen, prügeln mit Gewehrkolben auf Widerspenstige ein und lassen das Schiff ohne erkennbaren Kurs im Zickzack oder Kreis fahren. Nach zwölf Stunden verschwinden sie unerkannt. Und ohne Beute.
Schweden Vize-Kripochef Tommy Hydfors bestätigte der Deutschen Presse-Agentur dpa am Freitag in Stockholm, dass diese Geschichte sich vor einer Woche auf dem Frachter "Arctic Sea" zugetragen haben soll: "Wir prüfen den Bericht der Besatzung mit Hochdruck. Einiges spricht dafür, dass es so gewesen ist." Allerdings gibt es zu dem verblüffend spät und erst über Umwege bekanntgewordenen Bericht der 15 russischen Seeleute viele Fragezeichen: "Wir sind jetzt wirklich sehr auf die Hilfe unter anderem von Freizeit-Seglern, auch aus Deutschland, angewiesen, die vielleicht am fraglichen Tag etwas gesehen haben", sagt der Fahndungschef.
Mit siebentägiger Verspätung erst hat seine Behörde von dem Fall erfahren, der so klingt, als könnte sich ein Dauerproblem von der ostafrikanischen Küste Somalias jetzt zur Ostsee ausbreiten. Medien spekulierten, dass Drogengangster "heiße Ware" in großer Menge auf dem russischen Holzfrachter "Arctic Sea" vermutet haben, der von Finnland aus auf unterwegs Algerien war.
Tatsächlich brachte die Satellitenüberwachung des Ostsee-Verkehrs nach Angaben von Hydfors zutage, dass das Schiff zu dem von der Besatzung angegebenen Zeitpunkt "ziemlich sinnlos im Kreis fuhr und merkwürdig den Kurs" änderte. Allerdings reichten die Überwachungsbilder nicht aus, um zu klären, ob tatsächlich wie angegeben ein Gummiboot bei der "Arctic Sea" an- und nach zwölf Stunden wieder abgelegt hat.
Warum aber warteten der Kapitän und seine 14 Männer mehrere Tage, ehe sie überhaupt erst ihre eigene Reederei "Solchart Management" in Finnland über ihr beängstigendes Erlebnis informierten? "Eine sehr relevante Frage, das ist schon bemerkenswert", meint auch der Kripochef.
Für direkte Verhöre unerreichbar haben Schiff und Besatzung auf dem Weg nach Nordafrika inzwischen Spanien erreicht. In ersten Mails erklärten die russischen Seeleute, sie hätten bis zuletzt geglaubt, dass die maskierten Männer tatsächlich "Zivilfahnder" gewesen seien. "Vielleicht verständlich, wenn man bedenkt, dass niemand aus der Besatzung Englisch konnte", grübelt der schwedische Kripomann.
Auf die Frage, ob die Seeleute vielleicht ihrerseits auch etwas zu verbergen hatten und deshalb lieber ohne Besuch von "echter" Polizei weiterfuhren, will er nicht antworten: "Wir müssen uns erst ein genaueres Bild machen." Von ähnlichen Piraten-Aktionen auf der extrem stark befahrenen Ostsee, etwa als Teil von Kämpfen zwischen Drogenschmugglern, hat er nie gehört. "Nein, wir sind da absolut blank. Schiffskaperungen hat es bei uns auf der Ostsee in moderner Zeit einfach noch nicht gegeben."
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