Popstar wird von Freund verprügelt - sie überträgt live auf Instagram
Eine Sängerin aus Südafrika überträgt auf Instagram, wie sie von ihrem Freund verprügelt wird. Seitdem gibt es verstärkten Widerstand gegen die Macho-Kultur im Land.
Kapstadt In der Nacht zum Montag startete die südafrikanische Sängerin Bongekile Simelane, Künstlername Babes Wodumo, ein Live-Video für ihre 1,5 Millionen Follower auf „Instagram“. Nach kurzer Zeit war zu sehen, wie sie ohne Eile ein paar Schritte von der Kamera wegging. Den Mann hinter sich schien sie nicht zu bemerken. Dieser nahm regelrecht Anlauf und schlug ihr mit voller Wucht ins Gesicht. „Ungishaleyani?“, rief Simelane auf Zulu, was so viel wie „Warum schlägst du mich?“ bedeutet. Die Antwort: ein weiterer Hieb.
Seitdem debattiert die Nation offen wie selten das meist tabuisierte Thema „Häusliche Gewalt“. Bei dem Täter soll es sich um Simelanes Freund und Manager Mandla Maphumulo handeln, er ist in Südafrika als „Mampintsha“ auch als Sänger bekannt. Gegen ihn erstattete Simelane Anzeige. Auf Twitter verbreitet sich der Hashtag #StopWomenAbuse – Stoppt den Missbrauch von Frauen.
Die Künstlerin hat mehrfach über Häusliche Gewalt geklagt
Die Regierungspartei African National Congress (ANC) rief wie die größte Oppositionspartei Democratic Alliance zur Verhaftung von Maphumulo auf. Der DA-Vorsitzende Mmusi Maimane forderte gar, der Verdächtige solle gegen ihn in den Boxring steigen und „sich mit jemandem seiner Größe“ auseinandersetzen.
Schon im Jahr 2018 hatte die Künstlerin berichtet, dass Maphumulo sie so sehr geschlagen und getreten habe, dass sie einen Beinbruch erlitten habe – was ihr Lebensgefährte mit den lapidaren Worten kommentierte, er habe „bei einigen Gelegenheiten überreagiert“. Das hielt Simelane aber nicht davon ab, die Beziehung nach kurzer Unterbrechung fortzuführen. Der Vater der Künstlerin sagte, dass er den Verdächtigen schon vor den Vorfällen konfrontiert habe. „Er hat geprahlt, die Polizei werde nicht helfen, weil er die Polizisten an der Wache besteche.“
Am Dienstagmittag wurde Maphumulo dann doch verhaftet, nachdem die Jugendorganisation des ANC angedeutet hatte, ihre Anhänger zur Suche nach dem Mann aufrufen zu wollen. „Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Menschen mit Behinderungen gehören zu unseren Prioritäten“, behauptete Südafrikas Polizei-Chef Khehla Sitole. „Deshalb werden wir alles tun, damit sich in solchen Fällen die Gerechtigkeit durchsetzt.“
In den vergangenen Jahren hatte es mehrfach Aufsehen um Gewalt von südafrikanischen Prominenten gegen ihre Partnerinnen gegeben. Und im Jahr 2017 erzürnte der Mord an einer 22-Jährigen die Nation, Aufnahmen von Überwachungskameras überführten ihren Ex-Freund als Täter. Die Zahlen sind erschreckend: Im Jahr 2016 veröffentlichte die Statistikbehörde Südafrikas „Statistics SA“ eine Studie, der zufolge jede fünfte Frau angegeben habe, Gewalt durch einen Partner erlebt zu haben. In Haushalten mit besonders niedrigem Einkommen sei sogar jede dritte Befragte betroffen.
Studie: In Südafrika werden täglich drei Frauen von ihrem Partner getötet
Die staatliche medizinische Forschungsorganisation berichtete im Jahr 2009, dass täglich drei Frauen durch ihren Partner getötet würden – die sogenannte „Femizid“-Rate, also die Tötung von Menschen wegen ihrer Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht, sei fünfmal höher als der globale Durchschnitt. Jeder vierte südafrikanische Mann habe im Laufe seines Lebens vergewaltigt, so die Organisation in einer weiteren Studie. Nur zwei Prozent aller innerhalb einer Beziehung verübten Vergewaltigungen resultierten jedoch in einer Anzeige.
Soziologen bescheinigen Südafrika besonders ausgeprägte patriarchale Strukturen mit hohem Gewaltpotenzial. Die Aktivistin und Mitbegründerin des „Black Consciousness Movement“, Mamphela Ramphele, erachtet die hohe Zahl der Kinder in Südafrika, die ohne Väter oder geeignete männliche Vorbilder aufwachsen, als eine der Ursachen. „Wie sollen junge Menschen ihre eigene, sich entwickelnde Rolle in einer auf männliche Dominanz ausgerichtete Gesellschaft interpretieren, wenn Männer physisch und emotionell abwesend sind?“, erklärt sie, „wie sollen junge Männer in einer solchen Umgebung lernen, zu einem Mann zu werden?“
Wie tief diese Strukturen noch immer verwurzelt sind, zeigt eine Studie der staatliche Statistikbehörde aus dem Jahr 2018. Dort gaben 7,7 Prozent aller Männer an, dass es „akzeptabel“ sei, wenn ein Mann seine Ehefrau schlage, sollte sie ihm bei Auseinandersetzungen widersprechen. Besonders schockierend: Auch 6,8 Prozent der weiblichen Befragten gaben an, den Einsatz von Gewalt gegen die Ehepartnerin in diesem Fall als gerechtfertigt anzusehen.
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