Als eine Mutter im Kugelhagel vom Bataclan starb
Vor einem Jahr starben bei den Terroranschlägen von Paris 130 Menschen. Eine davon war Helene. Ihr verwitweter Mann Antoine erzählt von der schlimmsten Katastrophe seines Lebens.
Der 13. November 2015 war eigentlich ein ganz normaler Herbsttag in Paris - bis zum Abend. Dann zogen IS-Terroristen durch die Stadt und metzelten 130 Menschen mit Bomben und Maschinengewehren nieder. Eine davon war Helene, die Frau von Antoine Leiris und Mutter des gemeinsamen Sohns. Sie wurde auf einem Konzert im Pariser Bataclan-Theater niedergeschossen. Leiris hat über den Schmerz dieses Verlusts ein Buch geschrieben ("Meinen Hass bekommt ihr nicht", Random House Verlag, 2016). Das traurige Drama in Auszügen:
13. November 2015, 22.37 Uhr
Antoine, 34, bringt seinen 17 Monate alten Sohn Melvil ins Bett. Seine Frau ist auf einem Musikkonzert im Bataclan-Theater in Paris. Plötzlich klingelt das Handy. Eine SMS-Nachricht von einem Freund: "Seid ihr in Sicherheit?" Antoine ist irritiert, schaltet den Fernseher ein: "Attentat im Bataclan."
"Helene ist dort. Ich spüre einen elektrischen Schlag durch meinen ganzen Körper. Ich greife nach dem Telefon, muss sie anrufen, mit ihr sprechen, ihre Stimme hören. Klingeln. Mailbox. Ich lege auf, versuche es noch einmal - einmal, zweimal, hundertmal."
Eine Bekannte kommt vorbei, um auf das schlafende Kind aufzupassen. Antoine zieht mit einem Freund los - auf der Suche nach Helene. Sie klappern sämtliche Krankenhäuser in Paris ab - ohne Erfolg. In den Morgenstunden fahren sie zurück. Melvil wacht bald auf und braucht sein Fläschchen.
14. November, 20 Uhr
"Melvil ist eingeschlafen. Das Telefon klingelt. Es ist Helenes Schwester: Antoine, es tut mir so leid..."
15. November, 17 Uhr
Antoine sagt seinem kleinen Sohn, dass seine Mutter tot ist.
"Er gerät in Wut, stampft mit dem Fuß auf, wirft seine Bücher auf den Boden. Er ist kurz davor zusammenzubrechen- ich nehme das Handy und spiele ihm die Lieder vor, die er immer mit ihr hörte. (...) Ich möchte, dass er, sein Ohr an meine Brust gepresst, hört, wie meine Stimme ihm sagt, er soll an meinen angespannten Muskeln den Ernst des Augenblicks spüren , und mein Herzschlag soll ihm beruhigend zu verstehen geben, dass das Leben weitergeht."
16. November, 9.30 Uhr
Antoine muss ins gerichtsmedizinische Institut, zur Leiche seiner Frau.
"Auch wenn ihr Körper kalt ist, ihr Kuss noch immer noch warmen Blut schmeckt, muss ich sie umarmen."
Abends setzt er sich an seinen Schreibtisch, schreibt einen offenen Brief an die Mörder seiner Frau und postet ihn auf Facebook. Darin steht unter anderem:
"Am Freitagabend habt ihr das Leben eines außerordentlichen Wesens geraubt, das der Liebe meines Lebens, der Mutter meines Sohnes, aber meinen Hass bekommt ihr nicht."
Der Brief wird zum viralen Hit und über 200.000 Mal auf der ganzen Welt geteilt - die Grundlage seines Buchs, das in 18 Sprachen übersetzt und zum weltweiten Erfolg wird.
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