Todesdrohung gegen Staatsanwalt
Bei der Urteilsverkündung im Ehrenmord-Prozess war es bereits im Gerichtssaal zu Tumulten gekommen. Nun bedroht ein Unbekannter den Staatsanwalt.
Hamburg (dpa) - Nach dem Urteil im Hamburger "Ehrenmord"-Prozess ist eine anonyme Todesdrohung gegen den Staatsanwalt aufgetaucht. Das elektronische Schreiben sei am Freitag - dem Tag der Urteilsverkündung - bei der "Hamburger Morgenpost" eingegangen, sagte ein Polizeisprecher am Montag. Er bestätigte damit entsprechende Medienberichte. "Wir haben es geprüft, bewertet und unsere Rückschlüsse daraus gezogen. Zu Schutzmaßnahmen als solches werde ich aber keine Angaben machen." Auch die Staatsanwaltschaft wollte keine Einzelheiten nennen. "Wir stehen in Kontakt mit dem Landeskriminalamt, werden aber zu Bedrohungs- und Schutzdetails nichts sagen", betonte Behördensprecher Wilhelm Möllers.
Das Hamburger Landgericht hatte den 24 Jahre alten Angeklagten wegen heimtückischen Mordes an seiner Schwester Morsal zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach Ansicht der Richter hat der Deutsch-Afghane die 16-Jährige am 15. Mai 2008 aus Wut über ihren westlichen Lebensstil auf einen Parkplatz gelockt und nach einem Wortwechsel mit 23 Messerstichen getötet. Die Verteidigung kündigte direkt nach dem Urteil an, dass sie Revision einlegen will.
Nach dem Urteil war es zu tumultartigen Szenen im Gericht gekommen: Die Familie hämmerte gegen das Panzerglas, das den Zuschauerraum abtrennt, sie schrien den Richter an und attackierten später auch Journalisten. Bevor der Angeklagte aus dem Gerichtssaal geführt wurde, warf er einen Papierstapel in Richtung Staatsanwalt, wüste Beschimpfungen wie "Hurensohn" folgten.
Für den 24-Jährigen könnte dieser Abgang ein juristisches Nachspiel haben: Die Staatsanwaltschaft will bis Ende der Woche prüfen, ob sie Strafanzeige wegen Beleidigung stellt. "Grundsätzlich darf ein Angeklagter Emotionen zeigen - gerade wenn er ein lebenslanges Urteil bekommen hat. Aber Angriffe in dieser Massivität haben wir nicht erwartet und so auch noch nicht erlebt", sagte Möllers. "Das trifft uns schon - vor allem, weil wir den Eindruck haben, dass es mehr um allgemeine Angriffe gegen Justiz und Staatsanwaltschaft ging."
Die Hamburger Polizei ermittelt zudem wegen Diebstahls gegen Morsals Vater, wie ein Polizeisprecher bestätigte. Als er am Freitag an einer Mahnwache für seine ermordete Tochter vorbeigekommen war, hatte er eine dort aufgestellte große weiße Kerze auf die Straße geschleudert. Auch ein gerahmtes Foto von Morsal, das die Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes am Eingang des Landgerichts postiert hatte, hatte er sich genommen.
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