Weißer Riese mit eiskalter Taktik
Man kennt ihn aus dem Zeichentrickfilm. Da heißt er Lars und ist einfach nur putzig. Wie seine braunen und schwarzen Artgenossen hat er ja auch irgendwie etwas Drolliges, wenn er so durch die Gegend tapst. Ein knuddeliger Teddybär eben - könnte man meinen. Doch wenn es ums Überleben geht, kann er auch eine ganz andere, gefährliche Seite zeigen. Der Eisbär ist eines der größten Raubtiere der Welt.
Augsburg (msti).
Bis zu 700 Kilogramm schwer kann ein ausgewachsener Eisbär werden, kein Wunder also, dass sich niemand gern mit diesem weißen Riesen anlegt. Sein einziger wirklicher Feind ist der Mensch. Eisbären leben auf einer Eisschicht, die das Polarmeer rund um den Nordpol bedeckt. Gejagt werden sie dort höchstens von Ureinwohnern. Die größere Gefahr für den Bestand, der auf ungefähr 22 000 bis 27 000 Exemplare weltweit geschätzt wird, ist die Klimaerwärmung. Ansonsten haben die Eisbären, die außerhalb der Paarungszeit im April und Mai Einzelgänger sind, wenig zu fürchten. Eher werden sie selbst gefürchtet. Vor allem von Ringelrobben, denn die gehören zu den bevorzugten Beutetieren des Ursus Maritimus, wie der Eisbär in der Fachsprache heißt. Stundenlang lauert der Jäger mitunter an Eislöchern und wartet darauf, dass eine Robbe dort auftaucht, um Luft zu schnappen. In diesem Moment reagiert der nur scheinbar schwerfällige Koloss blitzschnell und packt die Beute mit seinen 42 scharfkantigen Zähnen und den mächtigen Pranken. Einzige Hoffnung für die Robben: Nur etwa jeder zehnte Versuch führt zum Erfolg. Doch Eisbären sind geduldig, außerdem haben sie einen extrem guten Geruchssinn und können solche Atemlöcher von Robben trotz einer dicken Schneeschicht aus knapp einem Kilometer Entfernung aufspüren.
Wenn es ums Fressen geht, vollbringt ein ausgewachsenes Tier erstaunliche sportliche Höchstleistungen. Trotz seiner massiven Statur kann ein Eisbär über sechs Meter weit springen und notfalls stundenlang schwimmen. Auch an Land ist er nicht so behäbig, wie er aussieht und hält auf kurzen Distanzen sogar mit einem Rentier mit. Da er vorrangig Fleischfresser ist, gilt der Eisbär auch für den Menschen als gefährlicher als andere Bärenarten. Aufgrund der dünnen Besiedlung der Arktis kommt es aber selten zu Begegnungen.
Wenn die Meere im Sommer eisfrei sind, leben die Eisbären an Land und zehren von ihrem "Winterspeck". In dieser Fastenzeit sind die ansonsten eher eigenwilligen Tiere etwas geselliger und tauchen manchmal sogar in größeren Gruppen auf. Im Herbst, sobald die ersten Schneefälle einsetzen, wandern sie zur Küste und warten darauf, dass das Meer zufriert. Wenn es so weit ist, geht jeder wieder seine eigenen Wege.
Ein Zusammentreffen mehrerer Eisbären kann man erst wieder im Frühjahr beobachten, wenn die männlichen Tiere auf Brautschau gehen. Da Eisbären-Weibchen, die sich alleine um die Aufzucht des Nachwuchses kümmern, ihre Jungen über zwei Jahre bei sich behalten, sind sie nur alle drei Jahre paarungsbereit. Dementsprechend hart ist der Konkurrenzkampf unter den Männchen, die etwa doppelt so groß sind wie ihre Partnerinnen.
Einen richtigen Winterschlaf wie andere Bärenarten halten die Polarbären nicht. Die Weibchen graben sich trotzdem eine Höhle, in der sie eine Winterruhe abhalten und ihre Jungen zur Welt bringen. Nur wenn es draußen ganz ungemütlich wird, ziehen sich auch die Herren der Schöpfung kurzzeitig in solche Schneehöhlen zurück. Eisbären-Babys kommen meist im Doppelpack zur Welt, wiegen bei ihrer Geburt gerade mal ein gutes Pfund und sehen mindestens so putzig aus wie der kleine Lars aus dem Kino. Wenn die Jungen etwa zwei Jahre alt sind, löst sich die Bärenfamilie auf. Den restlichen Lebensweg (bei Weibchen 25 bis 30 Jahre, bei Männchen im Schnitt etwa fünf Jahre weniger) geht jeder für sich alleine.
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