Gefeiert im Sozialismus, verboten zur NS-Zeit - Die Geschichte des Frauentags
Seit über 100 Jahren wird der Weltfrauentag begangen. Situation und Vorzeichen haben sich seitdem geändert - die Grundidee aber bleibt dieselbe.
Über 100 Jahre ist es her, dass Clara Zetkin und andere sozialistische Frauenrechtlerinnen forderten, einen internationalen Tag zu Ehren der Frau einzuführen. In einer Zeit, in der Finnland das einzige europäische Land war, in dem Frauen bereits wählen durften, war es höchste Zeit für einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel. Bewegungen wie die Suffragetten um Emmeline Pankhurst in Großbritannien waren Vorreiter einer Entwicklung, die schließlich dazu führte, dass zwischen den beiden Weltkriegen in weiten Teilen Europas das Frauenwahlrecht eingeführt wurde.
Seit 1921 wird der Internationale Frauentag am 8. März gefeiert
Parallel dazu wurde ab 1911 jedes Jahr im Frühjahr der internationale Frauentag begangen. Zu Beginn war er eng mit der sozialistischen Bewegung verknüpft. Spätestens seit dem Jahr 1921 wurde er am 8. März begangen, dem Datum, an dem er heute noch gefeiert wird. In den Anfangsjahren ging es vor allem darum, fundamentale politische und gesellschaftliche Rechte, beispielsweise das Recht auf Schulbildung, zu erkämpfen. Auch wenn sich die Inhalte im Laufe der Jahre geändert haben - die Grundidee, dass einmal im Jahr speziell auf den Kampf für Gleichberechtigung der Frauen aufmerksam gemacht werden soll, bleibt dieselbe. Oder wie es sich Clara Zetkin gewünscht hat: "Keine Sonderrechte, sondern Menschenrechte."
In der NS-Zeit wurde der Frauentag verboten. Da er in der sozialistischen Tradition stand und die Gleichberechtigung und Einbindung der Frau ins Berufsleben forderte, stand er der NS-Ideologie entgegen. Dort wurde der Kult der Frau als Mutter gepflegt, dem am Muttertag gehuldigt werden sollte. Unmittelbar nach Ende des Dritten Reichs wurde der Frauentag in der Sowjetischen Besatzungszone und in der späteren DDR wieder zum Leben erweckt. Ebenso wurde die Gleichberechtigung von Mann und Frau gesetzlich verankert. Auch in der jungen Bundesrepublik wurde die Gleichberechtigung im Grundgesetz festgehalten.
Frauentag: Vergewaltigung in der Ehe erst seit 1997 strafbar
Ehe sie allerdings gesellschaftliche Realität wurde und auch der Frauentag im Westen wieder an Bedeutung gewann, sollten noch einige Jahre vergehen. Erst mit der Frauenbewegung der 1960er-Jahre kam das Thema wieder auf die gesellschaftliche Agenda. Die sexuelle Selbstbestimmung der Frau, Verhütung oder Abtreibung waren Schlagworte, die die Debatte bestimmten. Dass auch politisch noch Nachholbedarf bestand, belegt die Tatsache, dass die Schweiz als letztes europäisches Land erst 1971 das bundesweite Frauenwahlrecht einführte - auf kantonaler Ebene dauerte es mancherorts sogar noch bis 1990. Zur selben Zeit, konkret im Jahr 1977, wurde der 8. März von den Vereinten Nationen als internationaler Feiertag festgelegt. Ebenfalls erst im Jahr 1977 wurde die Regelung abgeschafft, dass Frauen nur mit Einverständnis des Ehemannes einen Arbeitsvertrag unterschreiben dürfen. Vergewaltigung in der Ehe wurde in Deutschland gar erst 1997 für strafbar erklärt.
Bis zu Beginn der 2000er-Jahre war in den westlichen Industrienationen die formelle Gleichberechtigung bei Wahlen, Schulbesuch und Ähnlichem dann doch weitgehend abgeschlossen - strukturelle Ungleichheiten zwischen Mann und Frau blieben aber bestehen. Nicht nur in Kriegs- und Krisengebieten leiden Frauen auch heute noch täglich unter physischer oder sexueller Gewalt. Eine UN-Umfrage aus dem Jahr 2011 belegt, dass je nach Land zwischen 15 und 76 Prozent der Frauen mindestens einmal derartige Erfahrungen machen mussten. Eine Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat zudem ergeben, dass jede vierte Frau in Deutschland bereits mindestens einmal Opfer von Gewalt in der Partnerschaft wurde. Auch über hundert Jahre nach seiner Einführung hat der internationale Frauentag also durchaus seine Daseinsberechtigung.
Auch Frauenrechtlerinnen üben Kritik am Frauentag
Dennoch gibt es, auch aus Kreisen von Frauenrechtlerinnen, Kritik an dem Gedenktag. Im Jahr 2010 plädierte die - nicht immer unumstrittene - Ikone der Frauenbewegung Alice Schwarzer in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau: "Schaffen wir ihn also endlich ab, diesen gönnerhaften 8. März! Und machen wir aus dem einen Frauentag im Jahr 365 Tage für Menschen, Frauen wie Männer." Bis dieses hehre Ziel in die Tat umgesetzt ist, wird aber weiterhin jedes Jahr Anfang März an den Kampf für die Gleichberechtigung der Frau erinnert. Und auch an den anderen 364 Tagen des Jahres kämpfen Frauen (und Männer) an ganz verschiedenen Fronten - von Bundestag bis Petersplatz - und mit verschiedenen Mitteln für Gleichberechtigung.
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