Herzensgrüße an das „Froschmäulchen“: Über die Geschichte der Liebesbriefe
Kosenamen, grob bis süßlich: Das Liebesbriefarchiv Koblenz-Darmstadt feiert sein 25-jähriges Bestehen. Aber: Wer schreibt heute noch Liebesbriefe?
Hach! Seufz! Die Liebe, sie liegt so nah. Um sie zu finden, genügt schon ein Blick in die Post, ins eigene E-Mail-Fach: „Liebe Frau Mustermann“, „lieber Herr Müller von der Beschwerdestelle“, mein lieber Herr Gesangsverein, lieber wird’s nicht, lieber Leser, liebe Leserin.
"Froschmäulchen!" - so kann auch einen Liebesbrief beginnen
Andererseits – es gibt sie noch, diese großen Botschaften, die nicht nur mit „Liebe“ beginnen. In denen das Gefühl tatsächlich fiebert. 25.000 dieser wahren, persönlichen Liebesbekundungen aus drei Jahrhunderten, verfasst in Briefen, Mails, SMS, Notizen, hat die Wissenschaftlerin Eva Lia Wyss seit 1997 gesammelt. Ihr Liebesbriefarchiv Koblenz-Darmstadt feiert jetzt 25 Jahre Bestehen.
Heißblütige, Schüchterne, Lüsterne und Scherzbolde, Hoffnungsvolle wie Herzschmerzleidende, sie alle bekunden Liebe auf ihre Weise. Das Temperament köchelt schon in der Ansprache mit. Animalisch grob, Beispiele aus den 1990ern: „Froschmäulchen!“, „Unendlich umarmtes Miststückchen!“ Den Preis der Liebe kalkulierend, in Superlativen, 19. Jahrhundert: „Theuerste Innigstgeliebte!“ Manches klingt gesundheitsgefährdend: „Göttliches Feuer strömt in meinen Adern“ – Brief eines Herrn Borener an eine Lotte, 1715. Der älteste des Archivs.
"Ewig Dein, ewig mein, ewig uns": So schrieb Beethoven an seine Geliebte
Weitere Erkenntnisse der Forschung: Im Liebesbrief werden auch Machomänner mit Stolz zur Memme. Im Sinne von: empfindsam, gefühlig – wie sonst nur „im Fußballstadion“, sagt Wyss.
Nur: Wer schreibt heute noch Briefe? Genügt ein Selfie? Ein Emoji? Gelbes Mondgesicht mit Herzchenaugen? Die schönste Formel aus Beethovens Brief an die „Unsterbliche Geliebte“ hätte ja sogar in eine SMS gepasst: „Ewig Dein, ewig mein, ewig uns“. Ewig schön.
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