Gesegnetes Alter: Französische Nonne ist ältester Mensch der Welt
Die französische Schwester André gilt nun als ältester Mensch der Welt. Wie es der 118-Jährigen geht und welches Ziel sie sich noch gesetzt hat.
Die Frage nach dem Geheimnis für ihr hohes Alter kam in den vergangenen Jahren, in denen Schwester André die älteste Französin und Europäerin war, schon oft auf. Meist wurde dann der süße Portwein erwähnt, von dem sie sich gerne ein Gläschen gönnt, ihr religiöses Leben oder die Tatsache, dass sie bis ins hohe Alter hinein für andere da war. Sie selbst sagt: Wenn es ein Geheimnis gäbe, wäre sie seit langem reich. Das erzählt ihr Pfleger David Tavella, der sich in einem Altenheim im südfranzösischen Toulon um sie kümmert.
Am 11. Februar feierte Schwester André ihren 118. Geburtstag. Seit dem Tod der Japanerin Kane Tanaka, die vergangene Woche im Alter von 119 Jahren starb, ist sie die mutmaßlich älteste Person der Welt. Zwar gebe es keine offizielle Stelle, die diesen „Titel“ verleihe, erklärte Laurent Toussaint, der für die Datenbank International Database on Longevity, kurz IDL, arbeitet. „Aber de facto ist Schwester André mit Abstand die Älteste, dahinter folgt eine Polin mit 115 Jahren.“ In Frankreich gibt es übrigens mehr als 26.000 Menschen über 100 – wesentlich mehr als in den meisten anderen Ländern.
Noch mit 108 Jahren arbeitete Schwester André
Für die Nonne ändere sich mit ihrem neuen Status als ältester Mensch der Welt nichts, sagt David Tavella. Als sie davon erfahren habe, habe sie zuerst an ihr Umfeld gedacht: „Sie war sehr stolz, sehr glücklich für ihre Familie und das Personal des Altenheims und freute sich, dass das Aufmerksamkeit für die Einrichtung brachte.“
Geboren wurde Schwester André unter dem bürgerlichen Namen Lucile Randon im südfranzösischen Alès. Aus einer protestantischen Familie stammend, ließ sie sich im Alter von 26 Jahren taufen und trat mit 41 Jahren dem Orden der Vinzentinerinnen bei. Den männlichen Namen André nahm sie als Hommage an einen ihrer drei Brüder an. 31 Jahre lang arbeitete sie in einem Krankenhaus in der Stadt Vichy. Auch später noch, bis sie 108 Jahre alt war, kümmerte sie sich in einem Altenpflegeheim um Senioren – die teils deutlich jünger waren als sie.
Schwester André überstand eine Corona-Infektion
Eine Corona-Infektion vor zwei Jahren überstand die Nonne ohne Symptome. Schwer sei in dieser Zeit hingegen gewesen, „gefesselt an den Rollstuhl, isoliert in meinem Zimmer und ohne Besucher“ zu sein, sagte sie danach. Und dass sie mit den Jahren „schwieriger“ werde, wie sie beim Besuch eines Journalisten einräumte. „Ich ertrage die Gäste nicht mehr, ich bin weniger liebenswürdig.“ Man habe sie immer für ihre Weisheit und ihre Intelligenz bewundert: „Jetzt macht man sich über mich lustig, weil ich rebellisch geworden bin“, meinte sie.
Ihr Pfleger sagt, dass Schwester André viele Geschenke und Briefe aus der ganzen Welt erhalte – aus den USA und Griechenland, aus Italien oder Kanada. Diese lese er der erblindeten alten Dame vor. Manchmal seien seltsame Bitten darunter, sagt er. Wie jene nach einer Haarsträhne von ihr, „so als ob das Geheimnis ihres langen Lebens in ihrer DNA liegen würde“.
Macron ist schon der 19. Präsident, den André erlebt
Auch einen handgeschriebenen Brief von Emmanuel Macron hat die 118-Jährige schon bekommen. Macron ist bereits der 19. französische Präsident, den sie erlebt hat. Dazu zehn Päpste. Außerdem erinnert sie sich an die beiden Weltkriege. „Ich habe schöne Dinge gesehen und sehr traurige“, sagte sie anlässlich ihres 116. Geburtstages. „Kinder, die man zurückließ, weil man sie nicht ernähren konnte, und Kinder, die von Familien aufgenommen wurden.“ Das für sie beglückendste Erlebnis sei die Rückkehr ihrer beiden Brüder aus dem Ersten Weltkrieg gewesen: „Das war selten, denn in den Familien gab es eher zwei Tote als zwei Überlebende.“
Inzwischen beklagt sich Schwester André, die täglich um sieben Uhr aufsteht und die Messe besucht, dass sie nichts mehr alleine tun könne. Gleichwohl hat sie noch ein Ziel – die Französin Jeanne Calment übertreffen, die 1997 im Alter von 122 Jahren starb. „Sie sagt, das sei in ihrer Reichweite“, erzählt Tavella.
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