Wohl dem, der erkennt, dass die Absage an ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen und der Bau eines Hochgeschwindigkeits-U-Bahn-Netzes in Südkorea zusammenhängen.
Manchmal ist es schwer, die größeren Zusammenhänge zu verstehen. Hilfreich kann ein Blick über den Tellerrand sein. In der südkoreanischen Hauptstadt Seoul beispielsweise haben sie für 92 (!) Milliarden Euro ein Hochgeschwindigkeits-U-Bahn-Netz gebaut, das mehrere Außenbezirke anbindet. Zehn Millionen Menschen leben in der Metropole. Weil der Wohnraum im Zentrum knapp und teuer ist, leben viele junge Menschen außerhalb und pendeln jeden Tag zu ihren Arbeitsplätzen.
Der "Great Train eXpress" (GTX) verkürzt den Weg aus der Satellitenstadt Dongtan in den Seouler Stadtteil Suseo von 80 Minuten mit dem Bus auf schlanke 19 Minuten. Das macht rund zwei Stunden pro Arbeitstag. Nun muss man wissen, dass Südkorea die niedrigste Geburtenrate der Welt hat, um den größeren Zusammenhang zu erkennen. Denn der Gedanke hinter dem gigantischen Projekt ist auch ganz offiziell der, dass die Zeitersparnis doch bitte für Erweiterungsmaßnahmen bezüglich der Familiengröße genutzt werde.
Weniger Pendeln, mehr Zeit für mehr Familie?
Das wiederum führt uns direkt zu: Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Der weiß natürlich, wie die Südkoreaner den Verkehr ankurbeln wollen. Doch wer sich hierzulande erst die Geburtenrate (ebenfalls niedrig) und dann die Deutsche Bahn anschaut, kann nur zu dem Schluss kommen, dass selbst 92 Milliarden Euro kaum reichen dürften, an dieser Stelle Abhilfe zu schaffen. Wer in Deutschland zügig zum Ort der Fortpflanzung gelangen will, muss das Auto nehmen. Also erteilte Wissing dem Tempolimit auf Autobahnen an diesem Dienstag mal wieder eine klare Absage. Auf den ersten Blick mag das schwer zu verstehen sein, wegen Klimaschutz und so. Aber der Bundesverkehrsminister hat natürlich recht, denn käme das Tempolimit, wäre bald ja niemand mehr übrig, der das Klima noch schützen könnte.
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