Kommentar: Nur ein Kompromiss
Die Energiekonzerne können sich die Hände reiben. Ein Kompromiss aus dem Kanzleramt sichert ihnen Milliardengewinne.
Es war wieder so ein Sonntagabend, wie ihn der politische Betrieb in Berlin offenbar braucht, um quälende Debatten zumindest vorläufig vom Tisch zu bekommen. Das Ganze nennt sich dann Koalitionsgipfel bei der Kanzlerin, wird automatisch mit hohen Erwartungen verknüpft und am Ende dient es doch nur dazu, einen Kompromiss zwischen widerstrebenden Ansichten innerhalb der Regierungskoalition zu finden.
An diesem Sonntag saß allerdings mehr oder weniger unsichtbar ein weiterer Partner mit am Tisch: die vier mächtigsten Energieversorgungskonzerne in Deutschland als die größten Profiteure der verlängerten Atomlaufzeiten.
Sie können sich die Hände reiben, denn der Kompromiss aus dem Kanzleramt sichert ihnen Milliardengewinne bis fast in die Mitte dieses Jahrhunderts.
Zugleich enthebt er sie von der ursprünglich in Aussicht genommenen Verpflichtung, die Reaktorgebäude der noch länger laufenden Kraftwerke besser gegen Flugzeugabstürze zu sichern. Und die Brennelementesteuer wird keineswegs über die gesamte verlängerte Laufzeit erhoben, sondern nur bis 2016. Sowohl die mit Kurssteigerungen reagierenden Börsen als auch die wirtschaftlich profitierenden Kraftwerksstandorte haben dies natürlich freundlichst zur Kenntnis genommen.
Solche mit heißer Nadel gestrickte Kompromisse bergen allerdings die große Gefahr, dass sie wegen verfassungsrechtlicher Mängel von den Richtern wieder einkassiert werden.
Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sich Karlsruhe mit den parlamentarischen Entscheidungen über die Atomlaufzeiten befassen wird. So lange werden die Koalitionsbeschlüsse mit Superlativen gefeiert werden. Das ist aber auch ein Zeichen, dass sich Kanzlerin und schwarz-gelbe Koalition ihrer Sache nicht ganz sicher sind.
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