Die Piraten sind die neue FDP
Die Piraten wollen nicht länger nur auf das Thema Internet reduziert werden. Sie fordern ein Grundeinkommen für jeden Bundesbürger und möchten den Drogenkonsum legalisieren.
Wenn man den Piraten glaubt, sind sie von nun an keine reine Internet-Partei mehr. Auf ihrem Parteitag in Offenbach haben sie neue Akzente in der Sozialpolitik gesetzt. Nach einer leidenschaftlichen Debatte stimmten sie für das Modell eines bedingungslosen Grundeinkommens, das allen Bundesbürgern ohne Gegenleistung eine finanzielles Polster garantiert.
Geld für jeden ohne Bedingung
„Es ist gut, dass wir nach zwei Jahren Diskussion jetzt eine klare Entscheidung haben“, sagte Parteichef Sebastian Nerz am Sonntag. Einen Schritt nach links sieht er in dem Beschluss nicht. Das Grundeinkommen sei „eine liberale Idee, die den Sozialstaat in den Vordergrund stellt“. Nach der Auszählung mit dem Ergebnis von 66,9 Prozent für das Modell brach spontaner Jubel aus. „Historisch“ twitterte Christopher Lauer.
Zuvor hatte sich der Berliner Abgeordnete vor dem Saalmikrofon erst mit Pathos für das Grundeinkommen eingesetzt: „Die Würde des Menschen hat keine Bedingung.“ Und dann gleich wieder die Realpolitik in den Blick genommen: „Wenn wir das ins Programm aufnehmen, setzen wir die anderen Parteien unter Druck.“
Auch sonst einigten sich die Delegierten auf Beschlüsse, die man eher bei der FDP vermutet. Ein Antrag zur Begrenzung von Managergehältern zum Beispiel keine Mehrheit. Und um den Mittelstand zu stützen, soll zudem die Pflichtmitgliedschaft in Industrie- und Handelskammern abgeschafft werden.
"Möglichst viele Menschen glücklich machen"
Diese Verbindung von Pathos und Realpolitik ist typisch für die Piraten – und hier zieht vielleicht auch der oft bemühte Vergleich mit den Anfangsjahren der Grünen. Es gehe doch darum, „dass wir möglichst viele Menschen möglichst glücklich machen“, sagte die Politische Geschäftsführerin Marina Weisband. Sie erreichte mit ihrem Aufruf zur Gemeinsamkeit die Herzen der Piraten, während der erst im Mai gewählte Vorsitzende Sebastian Nerz nüchtern vor der Gefahr einer Spaltung warnte.
Trotz Spannungen verlief der Parteitag disziplinierter als vor einem Jahr der erste Programmparteitag in Chemnitz. Stundenlang verfolgten die Mitglieder den Marathon von Anträgen jedweder Art. Dabei durfte jeder zu allem etwas sagen – allerdings jeweils nur eine Minute lang.
Liberale Drogenpolitik
Ins Programm aufgenommen wurde nicht zuletzt die Forderung nach einer liberalen Drogenpolitik. Konsum und Erwerb von Drogen müssten legalisiert werden, da „Genuss und Rausch Bestandteil unserer Gesellschaft“ seien.
„Die Piraten haben in den letzten Monaten verdammt gerockt und verdammt viel erreicht“, bilanzierte schließlich die Politische Geschäftsführerin Marina Weisband. „Aber bis 2013 kann noch viel passieren“, fügte sie mit Blick auf die nächste Bundestagswahl hinzu.
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