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Darstellung von Frauen als "Mütter" ein sexistische Stereotyp?
Die Darstellung von Frauen als "Mütter" ist ein sexistisches Stereotyp. Dies steht in einem Vorschlag an den Europarat, der heute zur Abstimmung steht. In der Schweiz sollen derweil männliche Begriffe geschlechtsneutral formuliert werden. Von Niko Steeb
Am Anfang stand ein Skandal: Die Schweizer Boulevardzeitung Blick titelte: "Weder Vater noch Mutter - Beamte sollen künftig 'das Elter' sagen". Die Empörung in der Alpenrebulik war groß.
Walter Langenegger, Leiter des Informationsdienstes von Bern, wiegelte jedoch schnell ab. Auf Nachfrage unserer Zeitung sagt er: "Wir schaffen Vater und Mutter nicht ab. 'Elter' steht nirgends in unserem Sprachleitfaden." Im Zuge der Gleichberechtigung von Frau und Mann gibt dieser künftig jedoch Empfehlungen, wie geschlechtsneutral formuliert werden kann. So sollen in Behördentexten männliche Worte wie Fußgängerstreifen durch Zebrastreifen ersetzt werden, der Führerausweis durch Fahrausweis. Das Wort "Elter" taucht jedoch im Sprachleitfaden des Schweizer Bundes auf. Dort jedoch nur als mögliche, "seltene" Alternative für Elternteil oder als Verkürzung für Vater und Mutter. Auch im Bund wolle aber niemand Vater und Mutter abschaffen.
Dabei, so Langenegger, geht es nicht um eine Maßnahme gegen Diskriminierung, sondern um eine Empfehlung, Sprache gleichberechtigt einzusetzen: "Es ist ein berechtigtes Anliegen, wenn man sensibler mit Sprache umgeht." Durch Worte entstehen Bilder vor dem geistigen Auge, sagt Langenegger. Wäre also immer nur von Mannschaft und nicht Team die Rede, entstünde der Eindruck, dass Mannschaften nur aus Männern bestehen. Allerdings ist es den Beamten der Schweizer Hauptstadt nicht verboten, die männlichen Begriffe weiter zu nutzen. Vielmehr soll der Leitfaden Alternativen bieten und sensibilisieren.
Darstellung als Mutter ist ein sexistisches Stereotyp
Dass es in diesem Thema nicht nur um Sensibilisierung geht, sondern auch um Sprachdeutung, zeigt ein Vorschlag (Beschlussvorlage 12267) der Gleichstellungskommission an den Europarat in Straßburg. Verfasst wurde er von der sozialdemokratischen schweizerischen Nationalratsabgeordneten Doris Stump, die auch im Europarat sitzt. Diese Einrichtung hat nichts mit der Europäischen Union zu tun, kann jedoch über Beschlüsse den Außenministern der Mitgliedsländer im Ministerkommitee Empfehlungen aussprechen.
Stump bezeichnet in dem Vorschlag die Darstellung von Frauen als "Mutter" als "sexistisches Stereotyp". Frauen würden in den Medien oft als "passive oder minderwertige Wesen, als Mütter oder Sexualobjekte" dargestellt. Dies legitimiere täglichen Sexismus und Diskriminierung.
Auf Nachfrage von AZ-Online sagt Stump, die selbst keine Kinder hat: "Der Begriff Mutter ist kein sexistisches Stereotyp." Vielleicht sei der Text missverständlich formuliert, sagt die Europaratsabgeordnete. Heute steht der Vorschlag zur Abstimmung. Ziel sei es, die nationalen Parlamente und Zeitungen dafür zu gewinnen, Geschlechtergleichheit zu fördern und sexuelle Strereotype abzubauen. Das sind für Stump: "Wenn Frauen in Zeitungen oder Schulbüchern ausschließlich in der traditionellen Mutter- und Hausfrauenrolle und Männer nur als Familienernährer dargestellt werden."
Objektiv hingegen sei Berichterstattung dann, wenn die volle Breite weiblicher Möglichkeiten dargestellt werde: "Frauen können verheiratet, geschieden, verwitwet und kinderlos sein. Auch Patchworkfamilien gibt es", zählt Stump auf und wünscht sich ein Schulbuch, in dem es über jede dieser Formen Geschichten gibt. Von Niko Steeb
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