Der Ungeliebte

Wer in der Formel 1 nicht auf Nasenhöhe ist, sollte wissen, dass Teamkollegen selten gute Freunde sind. Denn: Beide fahren mit dem identischen Material und deshalb gilt es zuerst den Stallrivalen zu besiegen. Mark Webber gelang das selten. Der 36-Jährige ist zwar der älteste Fahrer im Feld und mit 198 Grand-Prix-Starts auch einer der erfahrensten Piloten. Doch in allen wichtigen Kategorien hat der Deutsche die Nase vorne. Vettel mit 103 Starts führt bei den Siegen 27:9, den Podestplätzen 48:35 oder den Pole-Positionen 38:11.

Schon vor dieser Saison galten die Red-Bull-Piloten als ziemlich beste Feinde. Seit dem jüngsten Rennen in Malaysia ist das Verhältnis endgültig zerrüttet. Grund: Der dreifache Weltmeister ignorierte die Order aus der Box, den vor ihm auf Platz eins liegenden Stallgefährten nicht zu überholen. Nach dem Rennen entschuldigte sich Vettel zwar wortreich. Aus der Rennsportszene erhielt der Heppenheimer dennoch Applaus. Manche Kritiker sagen, das mache eben den Unterschied zwischen dem jungen Deutschen und dem alten Australier aus. Am Sonntag um 9 Uhr (live in RTL) in Schanghai kommt es zum nächsten Aufeinandertreffen der Rivalen.

Offiziell sind beide Fahrer gleichberechtigt, doch spätestens seit Jahresbeginn 2013 hat Webber es schriftlich, dass er der Ungeliebte im Reich des Dosenlieferanten ist. Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko schrieb wenig Schmeichelhaftes. Webber habe pro Saison zwei Rennen, in denen er unschlagbar sei, aber er könne die Form nicht übers Jahr halten. Wenn Vettels Formkurve ansteige, flache die seines Stallgefährten regelmäßig ab. Der Berater von Firmenchef Dietrich Mateschitz posaunte das vernichtende Urteil nicht irgendwo aus, sondern im hauseigenen Magazin Red Bulletin.

Webber hat das geärgert. Dabei passt der drahtige, 1,85 Meter große Athlet eigentlich prima zum Brause-Imperium. Er liebt Mountainbiken, Kajakfahren und alle Arten von Sport. Seine Lebensgefährtin Ann Neal ist zugleich seine Managerin. Webber lebt in England, um nahe bei seinem Team in Milton Keanes zu sein. Er ordnet alles dem Erfolg unter, aber er muss sich vorkommen wie im Rennen zwischen Hase und Igel. Egal, wo Webber hin will, Vettel ist schon da. Milan Sako