Aus Versehen: Nato bombardiert Wohnhaus
Eigentlich solllte ein Raketenlager angegriffen werden, doch die Nato bombardierte in Tripolis versehentlich ein Wohnhaus. Mit verheerenden Folgen.
Eihentlich will die Nato mit ihrem Einsatz in Libyen die Zivilisten dort schützen. Der internationale Militäreinsatz stützt sich auf ein UN-Mandat, das zum Schutz von Zivilisten den Einsatz militärischer Gewalt zulässt. Doch nun ist dem Bündnis ein schwerer Fehler unterlaufen. Aus Versehen hat die Nato ein Wohnhaus in Tripolis, der libyschen Hauptstadt bombardiert.
Offenbar kamen dabei mehrere Menschen ums Leben. Der Oberkommandeur des Nato-Einsatzes in Libyen, der kanadische General Charles Bouchard, bedauerte in einer am Sonntagabend veröffentlichten Erklärung den Vorfall. Das Regime des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi hatte dem Militärbündnis vorgeworfen, bei dem Angriff mindestens drei Menschen getötet zu haben, darunter auch ein Kleinkind.
Leiche aus den Trümmern geborgen
Kurz nach dem Luftangriff in der Nacht zum Sonntag waren ausländische Journalisten von den libyschen Behörden zu dem zerstörten Wohnhaus gebracht worden. Sie beobachteten, wie eine Leiche aus den Trümmern geborgen wurde. Zahlreiche Nachbarn halfen bei den Bergungsarbeiten. Später wurde den Reportern in einem Krankenhaus auch die Leiche eines Kleinkindes gezeigt. "Dies ist ein weiterer Beweis für die Brutalität der Nato", erklärte der libysche Regierungssprecher Mussa Ibrahim.
"Obwohl wir die Einzelheiten des Zwischenfalls noch ermitteln, scheint es so, dass ein Fehler in einem Waffensystem diesen Zwischenfall verursacht hat", erklärte Bouchard, Oberkommandeur des Nato-Einsatzes in seinem Hauptquartier in Neapel. Es sehe so aus, als ob eine Bombe nicht das beabsichtigte Ziel getroffen habe. "Die Nato bedauert den Verlust unschuldiger Menschenleben und sie geht sehr sorgsam vor im Kampf gegen ein Regime, das entschlossen ist, Gewalt gegen seine eigenen Bürger anzuwenden", teilte das Militärbündnis weiter mit.
In einer Erklärung der Nato vom Sonntag hieß es, das Bündnis tue "alles, um die libysche Bevölkerung vor der Gewalt des Regimes von Gaddafi zu schützen". Die Nato plane die Einsätze "mit Präzision und mit einer hohen Genauigkeitsrate". Seit Übernahme der Führung des Militäreinsatzes durch die Nato am 31. März seien mehr als 4400 Kampfeinsätze gegen militärische Ziele in Libyen geflogen worden.
Wenige Stunden vor der Attacke auf das Wohnhaus hatte die Brüsseler Nato-Zentrale bereits einen anderen Fehler eingeräumt. Am Donnerstag hatten Nato-Flugzeuge nahe der ost-libyschen Stadt Al-Brega versehentlich Panzer und andere Militärfahrzeuge der Gaddafi-Gegner beschossen. In einer "besonders komplizierten und dynamischen Gefechtsfeldsituation" habe man sie irrtümlich für eine Fahrzeugkolonne der Gaddafi-Truppen gehalten. Nach Rebellen-Angaben waren 16 Aufständische verletzt worden.
Gaddafi-Truppen griffen derweil am Wochenende Rebellenstellungen nahe der westlichen Stadt Nalut an. Ein Reporter des Fernsehsenders Al-Dschasira berichtete von schweren Kämpfen am Rand der strategisch wichtigen Stadt unweit der Grenze zu Tunesien. Die Aufständischen hätten ihre Positionen aber behauptet, sagte der Reporter. Die Rebellen kontrollieren den gesamten Kamm des Nafusa-Gebirges, der von der tunesischen Grenze bis 80 Kilometer vor die Hauptstadt Tripolis reicht. Die Gaddafi-Truppen versuchen seit Wochen, bei Nalut eine Bresche in das Aufständischen-Gebiet zu schlagen. Damit wollen sie die für die Rebellen lebenswichtige Nachschublinie aus Tunesien unterbrechen. dpa
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