Der Landwirt: ein Giftspritzer, Tierquäler und Klimasünder? Mit Vorurteilen ist gerade der Städter schnell bei der Hand. Die Realität auf den Höfen sieht anders aus.
Städter haben leicht reden. Wer noch nie einen Kuhstall von innen gesehen hat, wer in jedem Weizenfeld ein Pestizidgrab sieht und in jedem Mähdrescher einen Dieselfresser, pflege seine Vorurteile weiter. Der Bauer – ein Giftspritzer, Tierquäler und Klimasünder? Ein Ewiggestriger wie der nordrhein-westfälische Gemüsebauer Willi, dem selbst ernannte Öko-Aktivisten bei einer Demonstration erst den Acker zertrampeln und ihm dann höhnisch hinterherrufen: „Deine Möhren sind nicht wichtiger als unser Klima“?
Die Bauern fühlen sich an den Pranger gestellt
In den Umfragen nach den angesehensten Berufen kommt der des Landwirts zwar gleich hinter dem Arzt auf Platz zwei. Viele Bauern aber haben im Moment den gegenteiligen Eindruck: Spätestens seit dem Erfolg des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ fühlen sie sich als notorisch Uneinsichtige an den ökologischen Pranger gestellt, die Insekten ihre Lebensräume rauben, das Grundwasser vergiften und jeden Schweineschnupfen mit einer Überdosis Antibiotika bekämpfen.
Vor dem Bauerntag in Leipzig ist die Stimmung in der Landwirtschaft so schlecht wie lange nicht mehr. Erst das Bienen-Begehren, jetzt die Klimadebatte, die sich immer erratischer um die Frage dreht, wie viel Fleisch der Mensch noch essen darf, wenn er die Apokalypse verhindern will: Das Misstrauen, das den Bauern entgegenschlägt, nimmt allmählich ruinöse Züge an. Kann der Sohn die Rindermast der Eltern noch weiterführen, wenn demnächst vielleicht ein grüner Agrarminister dem Fleischkonsum den Kampf ansagt? Macht es noch Sinn, auf „bio“ umzustellen, wenn immer mehr Betriebe in diesen Markt drängen? Die berühmten Getreideberge und Milchseen, einst Synonyme für eine subventionsgenährte Überproduktion, könnten irgendwann auch voller Bio-Getreide und Bio-Milch sein.
Auch ein Landwirt ist ein Unternehmer. Wenn die Bedingungen, unter denen er produziert, sich durch immer neue Auflagen und das Preisdiktat der Lebensmittelkonzerne kontinuierlich verschlechtern, muss er sich irgendwann die W-Frage stellen: Wie lange tue ich mir das noch an? Und wenn die Märkte schon verrückt spielen: Ist dann wenigstens auf die Politik Verlass? Dass die bayerische Regierung ein paar kleine Korrekturen am Volksbegehren den Landwirten als „Versöhnungsgesetz“ verkauft, spricht Bände. So tief war der Graben zwischen der CSU und den Bauern noch nie.
Der Konsument ist oft ungerecht
Es ist paradox: Auf den Höfen übernimmt gerade die am besten ausgebildete Generation von jungen Landwirten, die Deutschland je hatte, die Geschäfte - gleichzeitig aber stoßen diese ambitionierten Jungbauern an immer neue Mauern. Klimaschutz, Kükenschreddern, Glyphosat: Der Konsument, so wenig er auch von der Landwirtschaft weiß, ist skeptisch geworden und in vielen Fällen auch ungerecht. Nur weil ein Schweinebraten oder ein Salatkopf nicht aus biologischer Landwirtschaft kommt, ist er nicht zwangsläufig ungesünder. Die Klimabilanz jedes Bodenseeapfels ist besser als die einer aus Südamerika importierten Bio-Banane – und der Einsatz von Antibiotika in den Ställen geht schon aus einem ganz banalen, ökonomischen Grund zurück: Er ist sehr teuer.
Tatsächlich sind unsere Bauern viel besser als ihr Ruf. Sie leben mit der Natur und von ihr. Das Wohl ihrer Tiere ist ihnen nicht weniger wichtig als uns Verbrauchern, und nirgendwo ist dieses Denken ausgeprägter als in der kleinteiligen, familiären, bayerischen Landwirtschaft. Der eine oder andere übertreibt es auch hier mit dem Düngen oder hält zu viele Schweine in einem zu kleinen Stall. Deswegen aber ist nicht jeder Bauer ein Giftspritzer, Tierquäler oder Klimasünder. Im Gegenteil.
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Klimaschutz, Kükenschreddern und Glyphosat sieht Rudi Wais wohl als unzumutbare Mauern für ambitionierte Jungbauern. Im Übrigen wäre ein grüner Agrarminister längst überfällig, denn seit Jahren wird der Umweltschutz insbesondere bei großen Höfen ignoriert. Wasserversorgung, Insektensterben und vor allem viel zu viel Antibiotika rufen unweigerlich nach mehr Umweltschutz. Es scheint wohl immer noch ignoriert zu werden, dass in der USA horrende Summen in Bezug auf umweltschädliches Glyphosat festgestellt werden.
"Das Wohl ihrer Tiere ist ihnen nicht weniger wichtig als uns Verbrauchern, und nirgendwo ist dieses Denken ausgeprägter als in der kleinteiligen, familiären, bayerischen Landwirtschaft."
In welchem finsteren hintersten Winkel Bayerns lebt er denn, der bedauernswerte Rudi Wais?
So viel triefende Schönfärberei und Ignoranz in einem Artikel unterzubringen, nötigt einem fast schon wieder Respekt ab . . .