Ypsilantis Dauerrivale in der SPD
Wenn in Wiesbaden über mögliche Sabotage an der Wahl von SPD-ChefinAndrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin spekuliert wird, fälltunweigerlich der Name ihres Stellvertreters Jürgen Walter. Der40-jährige Rechtsanwalt liefert sich mit seiner Landesvorsitzenden seitJahren eine Dauerfehde, die mit politischen Differenzen zwischen einemwirtschaftsnahen Pragmatiker und einer Parteilinken nur noch teilweisezu erklären ist. Beim SPD-Parteitag an diesem Samstag ließ Walter denKonflikt eskalieren, indem er überraschend erklärte, dass er den vonihm selbst mit ausgehandelten Koalitionsvertrag mit den Grünen ablehnenwerde.
Wiesbaden (dpa) - Wenn in Wiesbaden über mögliche Sabotage an der Wahl von SPD-Chefin Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin spekuliert wird, fällt unweigerlich der Name ihres Stellvertreters Jürgen Walter. Der 40-jährige Rechtsanwalt liefert sich mit seiner Landesvorsitzenden seit Jahren eine Dauerfehde, die mit politischen Differenzen zwischen einem wirtschaftsnahen Pragmatiker und einer Parteilinken nur noch teilweise zu erklären ist. Beim SPD-Parteitag an diesem Samstag ließ Walter den Konflikt eskalieren, indem er überraschend erklärte, dass er den von ihm selbst mit ausgehandelten Koalitionsvertrag mit den Grünen ablehnen werde.
In den vergangenen Monaten hat der SPD-Vize zwar immer wieder beteuert, dass er Ypsilanti bei einem entsprechenden Votum der Partei im Parlament unterstützen werde. Mindestens genauso oft hat er aber auch zu Protokoll gegeben, dass er den Weg einer von der Linken tolerierten rot-grünen Minderheitsregierung für falsch hält. Dass Walter mit dieser Position in seiner Partei inzwischen ziemlich isoliert ist, war ihm schon vor dem Wochenende klar: "Ich will hier niemanden überzeugen", sagte er den Delegierten, als er seine Ablehnung begründete. Am Ende regte sich kaum noch eine Hand zum Beifall.
Das war einmal anders. 2003 hatten Walter und Ypsilanti gemeinsam die Führung der von einer vernichtenden Wahlschlappe demoralisierten Hessen-SPD übernommen. Der redegewandte Jurist aus dem südhessischen Gernsheim errang das öffentlichkeitswirksame Amt des Fraktionschefs im Landtag, Ypsilanti wirkte als Parteivorsitzende vor allem nach innen. Als es 2006 um die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl ging, fühlte sich Walter stark genug, Ypsilanti herauszufordern. In der internen Kür schien er bis zuletzt zu führen - doch als die Stimmen ausgezählt waren, hatte er knapp verloren.
Manche Genossen sagen, dass Walter diese Niederlage bis heute nicht verwunden hat. Hinzu kommt, dass er sich in Lebensstil und politischer Ausrichtung grundlegend von der Vorsitzenden unterscheidet sind. Walter schätzt teure Cabrios und hat kürzlich eine Christdemokratin geheiratet. Ypsilantis Lebensgefährte ist in der SPD, mit ihm und ihrem Sohn lebt sie in einer Wohngemeinschaft. Bei Wirtschaftspolitik denkt Walter an Verkehrs-Infrastruktur, Ypsilanti an den Ausbau erneuerbarer Energien.
Walter musste der Spitzenkandidatin den Fraktionsvorsitz überlassen, in ihrem Regierungsteam merkte sie ihn statt für sein Wunschressort Wirtschaft für das Innenministerium vor. Nach dem gescheiterten ersten Anlauf zur Machtübernahme im Frühjahr plädierte Walter vergeblich dafür, sich die Möglichkeit einer großen Koalition offen zu halten. Die Partei lehnte mit großer Mehrheit ab, Walter zog sich vollends aus der Fraktionsspitze zurück. Nach der abschließenden Verhandlungsnacht mit den Grünen sollte ihm ein neu zugeschnittenes Ministerium für Verkehr und Europafragen bleiben - Walter winkte ab. Nun hat er nochmals das Rätselraten angeheizt, ob Ypsilanti an diesem Dienstag die erforderlichen 56 Stimmmen bekommen wird.
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