Gouverneur bestellt Prostituierte
Er gab gerne den Saubermann - nun steht der Gouverneur des Staates New York, Eliot Spitzer, als Kunde eines Rings von Prostituierten im Rampenlicht.
Von Markus Günther, Washington
Für Alan Dershowitz ist die ganze Geschichte nichts als Hysterie: "Warum sind wir so besessen vom Sexualleben unserer Politiker? In den meisten europäischen Ländern wäre das weder eine Nachricht noch eine Straftat, wenn ein Politiker zu einer Prostituierten geht."
Doch die Geschichte spielt in den USA, und Dershowitz steht mit der Meinung über seinen früheren Jura-Studenten Eliot Spitzer so gut wie allein. Der Gouverneur des Staates New York, einer der populärsten Politiker der Demokraten, erlebt nach den Sex-Eskapaden ein politisches Debakel.
Wenn die Vorwürfe stimmen, hat "Kunde Nr. 9" am 13. Februar den "Emperor's Club" angerufen, einen als "Escort-Service" firmierenden Ring von Prostituierten. Am Abend traf er sich im Zimmer 871 des Washingtoner "Mayflower Hotels", das auf einen falschen Namen für ihn gebucht war, mit einer der hochbezahlten Frauen, die für die solvente Kundschaft eigens eingeflogen werden. Vorab hatte der Kunde rund 4500 Dollar überwiesen.
Die Prostituierte meldete sich noch am Abend in ihrer Zentrale und berichtete: "Es ist gut gelaufen. Der ist gar nicht so schwierig, wie alle behaupten." "Kunde Nr. 9", so geht aus den Gerichtsakten hervor, war für gewisse Sonderwünsche bekannt.
Dass es sich bei "Kunde Nr. 9" um den 48 Jahre alten New Yorker Gouverneur handelt, steht praktisch fest. Denn die FBI-Ermittler haben die Telefongespräche der Prostituierten abgehört. Außerdem gab Spitzer am Montagabend eine Erklärung ab: "Ich habe mich falsch verhalten, meiner Familie gegenüber, aber auch der Öffentlichkeit gegenüber", sagte er reumütig. Seine Frau stand wie versteinert neben ihm.
Wäre Spitzer ein konservativer Republikaner, wäre die mediale Häme noch viel größer. Doch auch der liberale Demokrat, der vor gut einem Jahr mit einem Rekordergebnis von 69 Prozent der Stimmen zum Gouverneur des Staates New York gewählt worden war, wird mit Schadenfreude, Empörung und Rücktrittsforderungen überschüttet. Ob der ehrgeizige Aufsteiger, der sich früher als knallharter Staatsanwalt einen Namen gemacht hat, den Skandal politisch durchstehen wird, ist unklar. Viele hatten ihn langfristig schon als Präsidentschaftskandidaten gesehen.
Selbst die liberalen Leitartikler der New York Times wüteten am Dienstag gegen Spitzer: "Er hat seine Familie verraten, und er hat die Öffentlichkeit verraten. Seine arrogante Erklärung von gestern ist nicht genug. Nicht von diesem selbst erklärten Saubermann!" Die Zeitung erinnerte genüsslich daran, dass Spitzer als Staatsanwalt "mit Enthusiasmus" auch gegen Prostituierte vorgegangen sei. Prostitution ist praktisch überall in den USA illegal. Ob Spitzer angeklagt wird, ist offen.
Zu den politischen Nebenwirkungen des Skandals gehört, dass die demokratischen Präsidentschaftskandidaten nun ständig nach Spitzer gefragt werden. Hillary Clintons Antwort: "Warten wir ab, was passiert. Ich bin traurig über diese Geschichte, und mein Mitgefühl gilt der Familie."
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