Susanne Eisenmann soll Baden-Württemberg für die CDU zurückerobern
Die CDU in Baden-Württemberg setzt auf Susanne Eisenmann. Wer ist die Frau, die das Bundesland für die krisengeplagte Partei zurückerobern soll?
Die beiden mögen sich. Der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg und seine Kultusministerin von der CDU sprechen stets mit mehr als großem Respekt voneinander. Winfried Kretschmann ist seine Sympathie für Susanne Eisenmann sogar noch anzumerken, wenn er sich furchtbar über sie aufregt. So wie im Februar, als Eisenmann öffentlich mit der Forderung nach 10000 neuen Lehrerstellen vorprescht, obwohl man sich just am Vorabend in grün-schwarzer Kabinettsrunde auf größte Haushaltsdisziplin geeinigt hatte – ein Affront. „Das darf nicht noch mal vorkommen“, knurrt der grüne Regierungschef streng vor der Presse. Aber da ist dann der verschmitzte Zug an ihm, der ihn aussehen lässt wie einen wohlwollenden Vater, dessen Lieblingstochter mal wieder über die Stränge geschlagen hat.
„Ja, wir schätzen uns sehr“, sagt Susanne Eisenmann. Aber im Frühjahr 2021 will sie Kretschmann – wenn er denn noch mal antritt – aus dem Amt jagen und die in ihrem Selbstbewusstsein angeschlagene CDU in Baden-Württemberg zurück an die Macht bringen. Von 1953 bis 2011 stellten die Konservativen den Ministerpräsidenten. Es war so etwas wie eine politische Selbstverständlichkeit. Mit dem haushohen Sieg von Kretschmann stürzte die Partei in eine Krise, aus der sie nun Susanne Eisenmann herausholen soll.
Susanne Eisenmann ist eine liberale Pragmatikerin
Eisenmann, im Umfeld „Nanni“ genannt, Jahrgang 1964, promovierte Germanistin, geboren und fest verwurzelt in Stuttgart, wird wohl CDU-Spitzenkandidatin bei der nächsten Landtagswahl werden und nach dem Willen ihrer Partei erste Ministerpräsidentin von Baden-Württemberg. Die erste Frau an der Spitze der noch immer konservativ und ländlich geprägten Südwest-CDU, als Großstädterin mit eher liberalen denn stramm wertkonservativen Ansichten, als Pragmatikerin und CDU-Politikerin, die schon lange offen mit Schwarz-Grün sympathisiert.
In fünf Wochen soll ein CDU-Parteitag die 54-Jährige auf Vorschlag von CDU-Landeschef Thomas Strobl nominieren – das Ende eines monatelangen parteiinternen Gezerres, an dem es schließlich darauf hinauslief, die Kandidatur Strobls zu verhindern. Dem Vize-Regierungschef und Innenminister, der die CDU 2016 nach historisch schlechtem Wahlergebnis von 27 Prozent in die Koalition mit den Grünen geführt hatte, trauten viele nicht zu, die CDU zurück an die Spitze zu führen. Strobl blieb unter massivem Druck zur Gesichtswahrung kaum mehr übrig, als seine eigenen Ambitionen zu begraben. Und nun ausgerechnet Susanne Eisenmann, mit der er seit JU-Zeiten befreundet ist und die er selbst 2016 aus dem Stuttgarter Rathaus gegen den Widerstand der CDU-Fraktion in die Landespolitik und ins Kultusministerium geholt hatte.
Oettinger ist der politische Mentor von Eisenmann
An eine Spitzenkandidatin Eisenmann dachte in der Südwest-CDU vor drei Jahren noch niemand, am wenigsten sie selbst. „2016 hätte ich darüber gelacht und das stark bezweifelt“, sagt sie. „Aber das zeigt: In der Politik sind Ämter nicht planbar.“ Sie muss es wissen. Den Politikbetrieb mit allen Kniffen und Fallstricken kennt Eisenmann aus nächster Nähe, seit sie im Stuttgarter Landtag von 1991 bis 2005 das Büro des heutigen EU-Kommissars Günther Oettinger leitete, der erst Fraktionschef, dann Ministerpräsident wurde. Eisenmann wechselte danach in die Stuttgarter Kommunalpolitik, stieg dort über den CDU-Fraktionsvorsitz bis zur Schulbürgermeisterin auf. In der Stadt machte sie mit kantigen Positionen auf sich aufmerksam– oft gegen CDU-Kurs. Eine Hausmacht hat sie in der Stuttgarter CDU bis heute nicht.
Eisenmann muss geschmeidiger werden
Wie ihr Mentor Oettinger spricht Eisenmann schnell und formuliert druckreif in einem Tempo, das Zuhörer gerne mal überfordert. Eisenmann gilt als zielstrebig und durchsetzungsstark. Weil sie Vorhaben energisch angeht, gilt sie manchen als ruppig im Umgang – eine Bezeichnung, von der sie sich „mäßig getroffen“ fühlt, wie sie sagt. „Es ist vielleicht für manche verstörend, dass ich Dinge deutlich ausspreche. Aber ich glaube, die Bürger können damit umgehen und schätzen Authentizität“, sagt sie und lässt einen typischen Satz folgen: „Diplomatie ist etwas für Sektempfänge. Aber ich arbeite an meiner verbindlichen Ader.“
Als Spitzenkandidatin, weiß sie, muss sie geschmeidiger, sich breiter aufstellen und für viele Menschen wählbar machen. Noch ist sie nicht nominiert, doch die Gewichte haben sich bereits verschoben. „Viele kommen auf mich zu und wollen sich abstimmen. Aber ich bleibe, wer und was ich bin.“
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