US-Geheimdienst gibt private Dokumente von Osama bin Laden frei
Jahre nach der Tötung von Osama bin Laden haben die US-Geheimdienste Dokumente freigegeben, die in seinem Versteck gefunden wurden. Sie geben Einblick in die Ziele und Ängste des Al-Kaida-Gründers.
Gegen die Erspähung durch US-Drohnen halfen ihm tiefe Wolken - und bei Sonnenschein ein Cowboyhut. Doch trieb die permanente Angst vor der Entdeckung durch US-Agenten Al-Kaida-Chef Osama bin Laden in seinem pakistanischen Versteck zu weit drastischeren Sicherheitsvorkehrungen. Bevor seine Frau Umm Hamsa aus dem Iran nach Abbottabad zurückkehrte, musste sie ihre komplette Kleidung wechseln, damit sie keine Späh-Wanzen einschleppe.
Mehr als hundert Dokumente aus bin Ladens Villa, die bei seiner Tötung im Mai 2011 von den US Navy Seals sichergestellt worden waren, wurden am Mittwoch vom US-Geheimdienst freigegeben. Sie geben tiefen Einblick in die Versuche Bin Ladens, unentdeckt zu bleiben.
"Bevor Umm Hamsa hier eintrifft, muss sie alles zurücklassen: Kleidung, Bücher, alles, was sie im Iran bei sich hatte. Alles, was von eine Nadel durchdrungen werden könnte", lautete eine seiner Anweisungen vom September 2010. Zur Begründung erläuterte der Al-Kaida-Chef, neuartige Abhör-Chips seien so klein, "dass sie leicht in einer Spritze versteckt werden können" - und "da man den Iranern nicht trauen kann, könnte ein Chip in Deine Sachen implantiert worden sein".
Dass er mit seiner Familie wie in einer Falle saß, war Bin Laden vollkommen klar. So erteilte er seinen Angehörigen und Vertrauten eine weitere Anweisung: "Unsere Sicherheitssituation erlaubt es nicht, zu Ärzten zu gehen. Also gebt Acht auf Eure medizinischen Bedürfnisse, vor allem Eure Zähne." Seine meist arabischen Verbündeten rief er auf, die pakistanische Amtssprache Urdu zu lernen. Dies sei unter Sicherheitsgesichtspunkten "von höchster Wichtigkeit".
Bin Laden führte Buch über getöteter Al-Kaida-Kader
Seinen zahlreichen Anordnungen verhalf Bin Laden mit einer Liste getöteter Al-Kaida-Kader zu Nachdruck. Hinter jedem Namen oder jeder Gruppe war jeweils der Fehler angeführt, der zu ihrer Entdeckung geführt hatte. So wurde eine Gruppe bombardiert, nachdem sie ein Satellitentelefon benutzt hatte. Eine weitere Al-Kaida-Zelle wurde getötet, nachdem sie mit pakistanischen Geheimdienstagenten Kontakt aufgenommen hatte. Einer dritten wurde eine Ansammlung mehrerer Autos zum Verhängnis, als ein US-Kampfflugzeug am Himmel war.
In einigen Dokumenten versucht Bin Laden seine Statthalter davon zu überzeugen, dass eine globale Terrororganisation nicht per E-Mail gesteuert werden kann. Für allgemeine Nachrichten könne das Internet genutzt werden. "Aber die Geheimhaltungspflicht der Mudschaheddin erlaubt die Nutzung (des Internets) nicht. Kuriere sind der einzige Weg." Seine rechte Hand Atijah Abd al Rahman wendet ein: "Die Sache ist sehr kompliziert. Wie können wir mit unseren Brüdern in Algerien, im Irak, im Jemen und Somalia korrespondieren?" Manchmal gebe es einfach keine Alternative zu einer E-Mail.
Doch Bin Laden ist unerbittlich - was ihm letztlich zur Falle wurde: Angeblich war es nämlich ausgerechnet ein Kurier, den die CIA in Abbottabad aufspürte und der die Agenten dann zu seinem Versteck führte. afp
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