Unterwegs mit Robert Habeck durch ein aufgewühltes Land
Wirtschaftsminister Robert Habeck erlebt vor Ort die Ängste vieler Menschen. Vor hohen Preisen, dem Winter – und der Zukunft. Nicht alle wollen seine Antworten hören.
Ein warmer Sommerabend in der historischen Innenstadt von Bayreuth. Die Menschen flanieren durch die Fußgängerzone, aus Eiswaffeln tropft es auf uraltes Kopfsteinpflaster und manchmal auf teures Gewand. Die Cafés und Restaurants sind gut besetzt, gerade finden die Wagner-Festspiele statt. Auf dem Ehrenhof, der von den drei Flügeln des Alten Schlosses umgeben ist, wo einst die Markgrafen residierten und heute das Finanzamt seinen Sitz hat, sind mehrere hundert Menschen zusammengekommen, warten vor einer kleinen Bühne.
Als Robert Habeck auftritt, bricht die Wut aus vielen heraus
Als Robert Habeck erscheint, beginnt ohrenbetäubender Lärm, mit Buhrufen und Trillerpfeifen bereitet ein kleiner, aber lautstarker Teil der Menge dem Grünen-Politiker einen wuterfüllten Empfang. „Kriegstreiber“ schmähen sie ihn auf Plakaten, fordern in stakkatoartigen Sprechchören „Hau! Ab!“ Für einen Bürgerdialog ist der Minister für Wirtschaft und Klimaschutz an den Roten Main gekommen. Die Veranstaltung soll den Höhepunkt seiner kurzen Sommerreise durch ein verunsichertes Land bilden. Doch die Folgen der Energiekrise und den Kurs der Bundesregierung zu erklären, scheint zunächst kaum möglich.
Aufgeheizt ist die Stimmung, „Lügner“ schallt es ihm entgegen. Habeck wirkt überrascht von der Vehemenz des Protests, doch schnell findet er seine Linie. „Lasst uns den Raum der Demokratie offenhalten“, sagt er, das sei gerade jetzt nötig. Er verstehe, dass viele Menschen sich Gedanken machen, Angst haben, wütend sind. Um ihnen zuzuhören, sei er hier, doch er bedaure, dass sich die Protestierenden keiner sachlichen Diskussion stellten. Er lädt die Wütenden ein, ans Mikrofon zu kommen, doch die reagieren mit einem umso lauteren „Kriegstreiber“-Sprechchor. Ein Vorwurf, den Habeck nicht auf sich sitzen lassen will. „Es gibt einen Kriegstreiber in Europa, und das ist Putin“, entgegnet er entschlossen. Zum ersten Mal kommt der Beifall aus dem größeren Teil des Publikums gegen die Schmährufe an.
Habeck wird mit den Sorgen des Alltags konfrontiert
Zwar halten die Demonstranten ihren Lärmpegel, doch Habeck kann jetzt tun, wozu er gekommen ist: Auf Sorgen eingehen. Auch die Bürgerinnen und Bürger, die am Mikrofon ihre Fragen stellen, machen es ihm keineswegs leicht. Da ist der Mann mit den Zierfischen. Seit drei Jahrzehnten betreibe er ein kleines Geschäft für Aquaristik, erzählt er. Das sei sehr energieintensiv, weil das Wasser für die tropischen Fische eben eine bestimmte Temperatur haben muss. Schon jetzt schreibe er wegen der hohen Energiekosten jeden Monat Verluste. „Es geht alles total den Bach runter“, schimpft er. Und die Leute kämen kaum noch, um sich neue Fische zu kaufen, weil viele jetzt stärker aufs Geld achteten. Bald werde er seinen Laden wohl schließen müssen.
Habeck hört aufmerksam zu, räumt dann erst einmal ein, dass er vom Zierfisch-Geschäft wenig versteht. Aber er könne sich vorstellen, dass die Menschen in Zeiten wie diesen an den Dingen sparen, die nicht unbedingt lebensnotwendig sind. Das aber könne sich bald wieder ändern, denn es sei wichtig, Leidenschaften zu pflegen.
Denen, die sich die Energie nicht mehr leisten können, verspricht der Grünen-Politiker staatliche Hilfe. Es sei aber nicht die Energiewende schuld an den hohen Preisen, sondern Putins Krieg. Der Umstieg auf erneuerbare Energien werde längerfristig für sinkende Preise sorgen. Der Zierfischhändler macht eine wegwerfende Geste.
Der Husten erinnert Robert Habeck an seine Corona-Infektion
Mit seiner eigenen Energie muss Habeck haushalten. Der 52-Jährige hat eben erst eine nicht ganz leicht verlaufene Corona-Infektion überstanden, ein hartnäckiger Husten ist geblieben. Ob er auch genügend schläft, will eine ältere Dame wissen. Ja, versucht er sie zu beruhigen, doch so richtig überzeugend kommt das nicht. Habeck gilt in diesen Tagen als derjenige, der die Regierungspolitik am engagiertesten erklärt, besser jedenfalls als der Kanzler. Und zu erklären gibt es viel. Auch im eigenen Lager.
Eine Frau, die sich als langjähriges Grünen-Mitglied zu erkennen gibt, erzählt von ihren Schwierigkeiten, die alte pazifistische Grundhaltung „über den Haufen zu werfen“ und Waffenlieferungen gutzuheißen. Auch wenn nun Kohlekraft länger genutzt und über eine längere Laufzeit von Kernkraftwerken diskutiert wird, tue sie sich schwer. „Wie bekommen Sie das selbst zusammen?“, will sie von Habeck wissen.
Wie das alles zusammengeht, der Krieg, die Energiekrise, die Politik – darum geht es auch auf den anderen Stationen der Sommerreise. Zum Auftakt besucht der Minister in Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt einen Energiepark, in dem sich im Moment noch fast alles um russisches Gas dreht. In riesigen unterirdischen Hohlräumen lagert eine Gasmenge, die ausreichen würde, um gut sieben Millionen Einpersonenhaushalte ein Jahr lang zu heizen.
Im Moment sind die Speicher gut gefüllt, zu fast 90 Prozent, hier wird schon vorgesorgt für den Winter, von dem Habeck glaubt, dass es nicht zum Äußersten, zur Rationierung von Gas kommen werde. Dafür müssten aber sowohl Wirtschaft als auch Bürger ihren Beitrag leisten – und sparsam mit der Energie umgehen. Bald schon wird in Bad Lauchstädt Wasserstoff aus dem Strom von Windrädern erzeugt. Als einer der Experten bestätigt, dass der Ausbau der Wasserstoffkapazitäten schneller vorankommt als geplant und die Herstellung immer günstiger wird, nickt Habeck zufrieden.
Bei den Stadtwerken Bayreuth haben die Verantwortlichen Sorgen, wie viele Kollegen im ganzen Land. Mit Wärmepumpen und Holzpellet-Kraftwerken wollen sie ihre Abhängigkeit vom Gas verringern, doch die nötigen Investitionen sind riesig. Habeck verspricht staatliche Hilfe. In einem Kartonagenwerk in der Oberpfalz, nahe der tschechischen Grenze, bekommt er Klagen zu hören, die typisch sind für viele Betriebe: Das Rohmaterial ist teurer geworden und die Energiekosten laufen aus dem Ruder.
Vizekanzler Habeck setzt darauf, dass Deutschland sich unabhängig macht
Auf allen Stationen seiner Reise durch das aufgewühlte Land wiederholt Habeck, worum es aus seiner Sicht jetzt geht: den kommenden und den darauffolgenden Winter zu überstehen, dafür die Wärme und den Strom aus allen möglichen Quellen zusammenkratzen und sparsam einsetzen. Am Ende werde Deutschland gestärkt aus dieser Krise hervorgehen, die Abhängigkeit von Putins Gas überwinden.
So lautet auch die Antwort auf die Frage der Frau auf dem Bayreuther Ehrenhof, wie er das alles zusammenbringt. „Wir machen uns jetzt zunächst von fossiler Energie aus Russland unabhängig und dann von fossiler Energie insgesamt“, sagt Habeck. Längst nicht alle im Publikum überzeugt er an diesem Abend. Doch wieder einmal beweist Habeck, warum er aus Umfragen regelmäßig als beliebtester Politiker hervorgeht: Er erklärt, hört zu, spart eher mit Angriffen auf politische Gegner als mit Selbstkritik. Am Ende bedankt er sich bei allen, die geblieben sind, trotz „Tinnitus im Ohr“. Der Schlussapplaus wirkt etwas lauter als die Pfiffe.
Die Diskussion ist geschlossen.
Was soll denn mit solchen Schlagzeilen und Berichten suggeriert werden?
Wir werden in Gefahren-, Verzichts-, Einschränkungs-, Bedrohungsszenarien eingehüllt.
Hallo - hier herrscht weder Krieg noch Mangelwirtschaft. Einzig die Energieversorgung, dank politischer Entscheidung und folgender Spekulation problematisch geworden, bereitet Sorge. Aber selbst das ist bei politischen Willen lösbar und nebenbei ein fundamentales Interesse der Menschen (nicht der Krieger und der Konzerne) hier und anderswo.
>> Denen, die sich die Energie nicht mehr leisten können, verspricht der Grünen-Politiker staatliche Hilfe. Es sei aber nicht die Energiewende schuld an den hohen Preisen, sondern Putins Krieg. <<
Unsinn - russisches Erdgas war noch im Oktober 2021 elementarer Teil der "Energiewende".
https://www.pv-magazine.de/2021/10/28/scholz-und-baerbock-halten-an-gas-als-brueckentechnologie-fest/
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Scholz und Baerbock halten an Gas als Brückentechnologie fest
Der SPD-Kanzlerkandidat versprach beim Kongress der Chemiegewerkschaft IG BCE eine Beschleunigung der Energiewende, hält aber den Bau neuer Gaskraftwerke für die Stromerzeugung weiterhin für notwendig. Dieser Position schloss sich die Grünen-Politikerin an.
<<
Habeck macht das ausgezeichnet. Woher kommen die organisierten Krakeeler wohl, die sich weder artikulieren können noch wollen? Alt-Linke, AfDler und sonstige Antidemokraten.
Ob Sie es glauben wollen oder nicht die Wut der Bürger wird noch weiter steigender Inflation bei Energie und Waren des täglichen Bedarfs zunehmen. Abstossend und arrogant wenn Hr Habeck mit der Energiegasumlage sagt da kommen ein paar hundert Euro auf jeden Haushalt zusätzliche Belastung hinzu. Ich brauch keine soziale Unterstützung von diesem "Staat" wenn dieser eine vernünftige Energiepolitik machen würde. Habeck soll NS 2 in Betrieb nehmen und keine Waffen mehr an die UA liefern - dann ist der Krieg bald beendet und günstige Gasversorgung ist auch gesichert- hat aus der UDSSR und RUS über Jahrzehnte reibungslos funktioniert.
>>Habeck soll NS 2 in Betrieb nehmen und keine Waffen mehr an die UA liefern - dann ist der Krieg bald beendet und günstige Gasversorgung ist auch gesichert<<
Ihr Egoismus spottet jeder Beschreibung!
Der will nur provozieren. Auf wessen Seite er steht, dürfte inzwischen klar sein. Der ist nach dem Mauerfall übriggeblieben.
Na, da sind ja wieder mal die Leute mit den Totschlagsargumenten unterwegs.
Wer hat denn Nordstream 2 verhindert und dafür gesorgt, dass Gas bald unbezahlbar wird.
Natürlich nur für die Normalbürger.
Also warum soll der Jochen H. Unrecht haben?
Und eigentlich darf man immer noch keine Waffen in Kriegsgebiete liefern.
Ausser vielleicht wenn man bei den Olivgrünen ist.
Ich bin mir ziemlich sicher: die Wut steht erst am Anfang - sie wird sich noch steigern.
Das glauben nur in DEU die Gutmenschen und verwöhnten Wohlstandsbürger in ihrer heilen sozial behüteten Welt noch nicht. Die hohen Wertemoral geht ganz schnell verloren, wenn die wirtschaftliche Grundlage gefährdet ist oder gar schwindet wie jetzt.
Es ist nicht nur das Energieproblem, sondern auch die allgemeine Inflation und Lieferprobleme in der Wirtschaft. Da interessiert
am Ende das Wohl der Ukraine niemand mehr.
Staatliche Hilfe in Form eines Preisaufschlags. Logisch wie immer die Grünen.