
Wenn das Land seinen Wohlstand sichern will, kommen Sanktionen gegen Peking nicht infrage. Daran ändert auch der Taiwan-Konflikt nichts.
Wann er denn, wurde Kanzler Olaf Scholz kürzlich gefragt, zum Antrittsbesuch nach China reise? Der Regierungschef setzte sein wissendes Lächeln auf und erklärte, dass er dies sicherlich tun werde, Reisepläne aber noch nicht bekannt geben könne. Er habe die Situation im Griff, signalisierte Scholz, der um Peking bisher einen Bogen gemacht hat. Dabei drängt die Zeit.
Scholz muss China-Bündnis erneuern oder aufgeben
Der Taiwan-Konflikt zeigt, dass es im deutsch-chinesischen Verhältnis schnell Klarheit in den Standpunkten braucht. Berlin muss erklären, wo es steht. Scholz‘ Vorgängerin Angela Merkel hatte offensiv die Nähe des Riesenreichs mit seinen rund 1,4 Milliarden Menschen gesucht. Die Kanzlerin schwärmte von dem riesigen Tempo, mit dem sich das Reich der Mitte modernisiert, während in Deutschland eine neue Bahnstrecke 20 Jahre dauert. Ihr wichtigstes Anliegen war es, den riesigen chinesischen Markt für die deutsche Wirtschaft zu sichern und dafür suchte sie den engen Schulterschluss mit Staatspräsident Xi Jinping. Beide sprachen sich gemeinsam für freien Handel aus, was in der Welt für große Aufmerksamkeit sorgte. Scholz müsste dieses Bündnis entweder erneuern oder aufkündigen.
Das Spiel um Milliarden-Geschäfte und Einfluss hat sich allerdings verändert. US-Präsident Donald Trump ist nicht mehr im Amt, aber sein Nachfolger Joe Biden ist dem Slogan „America first“ ebenfalls zugetan. Gleichzeitig wendet sich Biden verstärkt dem Asien-Pazifik-Raum zu. Der russische Einmarsch in die Ukraine hat die Karten noch mal neu durchmischt.
Taiwan-Konflikt erinnert an die Wochen vor dem Ukraine-Krieg
Wenn über die deutschen und europäischen Beziehungen zu China geredet wird, fällt zu Recht das Stichwort Menschenrechte. Xi bekräftigt zwar oft, dass kein System besser sei als ein anderes. Doch die Bilder blutig geprügelter Demonstranten in Hongkong sind allgegenwärtig, ebenso wie die von verhafteten muslimischen Uiguren. Internetsperren, Isolationshaft ohne Anwaltskontakt, Folterungen – die Liste ist lang.
Und jetzt noch der Konflikt um Taiwan, das von chinesischem Militär quasi umzingelt ist und sich in einer Lage befindet, wie die Ukraine vor einem halben Jahr. Russland ließ seine Soldaten zunächst ebenfalls an der ukrainischen Grenze aufmarschieren, deklarierte dies wie Peking zur Militärübung und ging schließlich in den brutalen Angriff über. Sollte China ähnliches tun und in Taiwan einmarschieren, müsste der Westen, müssten die EU und die Bundesregierung theoretisch gegen Peking ebensolche Sanktionen verhängen wie gegen Moskau.
Sanktionen gegen China kann sich Deutschland eigentlich nicht leisten
Dazu wird es indes aller Voraussicht nach im Ernstfall nicht kommen. Die Handelsbeziehungen zu China sind viel breiter und wichtiger als die zu Russland: Rund die Hälfte der deutschen Ausfuhren in den Asien-Pazifik-Raum geht traditionell nach China. Die Corona-Pandemie beeinträchtigte das Geschäft zwar, im ersten Halbjahr wuchsen die deutschen Exporte nach China jedoch um 2,9 Prozent. Russisches Gas lässt sich ersetzen, wenn auch unter Mühen. Chinesische Technologie nicht. Selbst wenn leistungsstarke Mikrochips, wie es sie heutzutage in fast jedem Gerät gibt, auf absehbare Zeit in Europa produziert werden könnten, wäre der Westen immer noch auf chinesische Rohstoffe angewiesen. Etwa auf Seltene Erden.
Ginge es nach dem moralischen Empfinden, müsste Scholz auf Distanz zu China gehen. Geht es aber nicht. Schon die Russland-Sanktionen sind teuer erkauft und wirken auf Jahre nach. Noch so eine Aktion könnte sich Berlin schlichtweg nicht leisten. Das ist bitter, aber nicht zu ändern.
Die Diskussion ist geschlossen.
Mal wieder ein politischer Artikel im Wirtschaftsteil, und mal wieder wird, diesmal von Herrn Lange, das Jokerwort "Wohlstand" verwendet, um den kritischen Deutschen Angst zu machen, sich gegen eine enge Bindung zu China auszusprechen.
"Wohlstand" ist etwas ganz anderes, als deutsche Chinaexporte zu sichern! Ist etwas ganz anderes, als die Linie des 20. Jahrhunderts: der Terrorkreislauf von Wachstum/Einkommen/Konsum und Dienstleistungen, weil man keine Zeit hat, etwas selbst zu machen
Wohlstand ist, weniger zu arbeiten, weniger, aber qualitativ besser und nachhaltiger zu konsumieren, mehr Zeit für Gemeinwohl- und Care-Arbeit zu haben, damit wir ohne das klimavernichtende Wachstum ein gutes Leben haben können, und keine Geschäfte mit Diktaturen machen müssen. DAS ist der Wohlstand des 21. Jh.
Wäre schön, wenn die AZ-Wirtschaftler auch mal was für die wachsende Gruppe schreiben würden, die Wirtschaft modern versteht!
In etwa 10 Jahren gibt es vielleicht nur noch innerdeutschen Handel weil kein Land die hochgesteckten Werte (welche eigentlich genau?) erfüllen kann. ;->
Herr Lange, ich finde Ihren Kommentar bemerkenswert.
Liest man zwischen den Zeilen, ist für Sie ein Taiwanese weniger wert, als ein Ukrainer. Oder warum gestehen Sie China das Recht zu, was Sie Russland verwehrt haben? Woher der Sinneswandel?
Schmerzen die Sanktionen gegen Russland nun so sehr, weil man erkennen musste, dass dies keine Einbahnstraße ist und wir mehr darunter leiden als Russland?
Dabei war doch von Anfang an klar, wohin der Weg führen wird.
Als zusätzlich Robert Habeck öffentlich verkündete, man bräuchte noch 2 Jahre, um vom russischen Gas unabhängig zu werden, war dies eine Einladung.
Ich an Putin's Stelle hätte exakt das Gleiche gemacht, aber viel früher am Gashahn gedreht.
Das Gutmenschentum muss man sich auch leisten können.
Die Rezession wird uns durch die explodierenden Energiepreise so sicher erreichen, wie das Amen in der Kirche.
Mir tun all diese Menschen leid, die durch dieses Gutmenschentum ihre Arbeit oder Häuser verlieren werden. Die Immobilienkrise 2008/2009 wirkt dagegen wie ein Kindergeburtstag.
Ich bin echt gespannt, was man dann zu diesen Leuten sagt.
Da werden wahrscheinlich folgende Sätze fallen wie:
"Ihr habt Euren Job und Euer Haus für eine gerechte Sache verloren!"
Davon wird man sich viel kaufen können.
In diesem Sinne
Genau richtige Aussage: "Als zusätzlich Robert Habeck öffentlich verkündete, man bräuchte noch 2 Jahre, um vom russischen Gas unabhängig zu werden, war dies eine Einladung". Mache hätte der Hr Habeck sollen, aber seine Pläne nicht heraus posaunen sollen. Ob Erdöl oder Erdgas- immer ganz vorne im Verkünden sich von RU zu lösen ohne fixe Zusagen zu haben . Und sich jetzt wundern. Das von politischer Unerfahrenheit geprägt Verhalten Berlins in der Energiefrage war die direkte Einladung an Putin den Spiess umzudrehen.
Im Gegenteil.
Es muß geändert werden.
Beziehungen die keine Zusammmenarbeit sondern ein Ausnutzen fördern erzeugen Schaden so dauerhaft das kein momentaner Vorteil sie wert sind. Entweder stellt man sich den Fehlern oder die Nachteile kommen von alleine und dann kann "Berlin" sich überhaupt nichts mehr leisten.
China und neue deu Wertepolitik sind unvereinbar. Auch die Aussicht mittelfristig auf den Import bestimmter Warengruppen aus diesem Land zu verzichten, hilft nicht. Oder will dieses Land China für den Export auch noch verlieren. Dann dürften wir mit dem Großteil der Welt keinen Handel mehr treiben, da dort hochmoralische Wertevorstellungen nicht geteilt werden. Und das Alles wäre dann auch noch mit noch größeren Verlusten für die deu Wirtschaft und die Bürger DEU verbunden. Aber Frau Baerbock kann ja Mal nach Peking fliegen , kräftig auf den Tisch hauen und XI die Meinung sagen oder ?