Schweizer fügen ihrer Regierung gleich drei Schlappen zu
Tabakwerbung in der Öffentlichkeit wird noch weiter eingeschränkt. Medien bekommen vom Staat nicht mehr Geld. Unternehmerabgabe bleibt.
Die Schweizerinnen und Schweizer haben ihrer Regierung beim Referendum gleich drei Niederlagen zugefügt. Eine Mehrheit von 57 Prozent sprach sich am Sonntag gegen neue staatliche Millionenhilfen für private Medien aus. Die Regierung hatte ein Paket zur Förderung von Zeitungen, Lokalradios, Regionalfernsehstationen und Online-Diensten vorgelegt, um angesichts des wirtschaftlichen Drucks durch Anzeigen- und Abonnentenschwund zu verhindern, „dass noch mehr Zeitungen verschwinden oder Privatradios aufgeben müssen“. Nur so werde auch künftig über alle Regionen des viersprachigen Landes berichtet. „Das ist wichtig für die Bevölkerung und die direkte Demokratie“, betonte die sozialdemokratische Medienministerin Simonetta Sommaruga.
Zeitungen sollten mehr Geld für Zustellung bekommen
Das Medienpaket hätte umgerechnet 144 Millionen Euro jährlich umfasst. Der Großteil wäre in die Zustellung von Printmedien geflossen. Die Vergünstigungen für kleinere Zeitungen sollten auf Titel mit großer Auflage wie das Boulevardblatt Blick ausgedehnt werden. Zudem wären Online-Medien, Lokalradios und Regionalfernsehen erstmals in den Genuss von Subventionen gekommen. Bei Zeitungen und Online-Medien wären diese aber nach sieben Jahren weggefallen.
Für ein Nein hatten sich Politiker des bürgerlichen Lagers und der rechtsnationalen Volkspartei SVP starkgemacht. Auch sie präsentierten sich als Verteidiger der Demokratie: Der Staat dürfe die Medien nicht „kaufen“. SVP-Abgeordneter Gregor Rutz erklärte: „Es geht am Schluss um die Kernfrage in der Demokratie: Haben wir freie, unabhängige Medien?“ Die Medien müssten den Staat kontrollieren und nicht umgekehrt.
Gegen die Regierung stimmten die Bürger auch bei der Tabakwerbung: Diese muss nun überall dort verboten werden, wo Kinder und Jugendliche sie sehen können. So darf es in der Öffentlichkeit keine Plakate mehr geben, ebenso ist Werbung an Kinos, in Medien oder an Sportplätzen tabu.
Die Tabaklobby ist im Land der Eidgenossen stark
Die Schweiz ist ein wichtiger Standort für die Tabakindustrie. Die größten Tabakkonzerne der Welt haben Niederlassungen dort. Es wird Tabak angebaut, verarbeitet und exportiert. Die Branche untergrabe die Präventionspolitik und nehme Einfluss auf die Tabakgesetzgebung, schreibt die Eidgenössische Kommission für Tabakprävention. In einem Index über die Anstrengungen von Regierungen, den Einfluss der Tabakindustrie zu begrenzen, belegte die Schweiz 2021 den vorletzten Platz unter 80 Ländern. Deutschland kam auf Platz 59.
Die Schweizer votierten nicht zuletzt gegen die Abschaffung einer Unternehmer-Abgabe, mit der dem Staat im Jahr 250 Millionen Franken (knapp 240 Mio Euro) entgangen wären. (mit dpa)
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