Tote Hose im Frack - Campino und die Frage: Ist das noch Punkrock?
Rebellieren war einmal: Punkrock-Sänger Campino von den "Toten Hosen" taucht im feinen Zwirn beim Staatsbankett für König Charles III. im Schloss Bellevue auf.
In einer Welt, in der man nur noch lebt, damit man täglich roboten geht, ist die größte Aufregung, die es noch gibt, das allabendliche Fernsehbild. Unglaubliche 35 Jahre ist es her, dass Andreas Joachim Wolfgang Konrad Frege diese legendären Liedzeilen sang. Damals galt der Punkrocker, der sich selbst Campino nannte, für das bräsige westdeutsche Establishment als einzige Provokation.
Mit zerrissenen Jeans und den vogelwilden Haaren hätte man ihn nicht einmal in ein bayerisches Bierzelt hineingelassen, geschweige denn auf einen Roten Teppich beim Bundespräsidenten. Doch es kommt die Zeit (oh-hooo), in der auch Rebellen wie Campino und seine „Toten Hosen“ nicht mehr rebellieren.
Tote-Hosen-Sänger Campino hat einen britischen Pass
An Tagen wie diesen zeigt sich das besonders. Der britische König ist in der Stadt und der inzwischen 60-jährige Frontsänger Gast beim Staatsbankett. Und so will es das abendliche Fernsehbild, dass dort ein akkurat frisierter, lackbeschuhter Herr in Frack und lupenrein weißem Hemd zu sehen ist – inmitten jenes Establishments, das er einst so gerne provozierte. „Aber ist das noch Punkrock?“, mag man da mit einer Textzeile der „Ärzte“ fragen – den rebellischen Rivalen vor den Tagen wie diesen.
Und erwartungsgemäß lästern digitale Zaungäste, selbst ein Bausparvertrag sei inzwischen mehr Punk als Campino. Zur Ehrenrettung des feinen Herrn Frege muss man aber sagen, dass er als halber Engländer erstens ganz gut zum Empfang mit King Charles III. auf Schloss Bellevue gepasst hat, und dass er zweitens besser in Würde altern kann als viele Kollegen – also auch sonst nicht mehr versucht, der Campino aus den 80ern zu sein. Er wusste schon damals: Nichts bleibt für die Ewigkeit.
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