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Syrische Geflüchtete
01.04.2022

Am Bosporus wird die Lage immer aussichtsloser

Blick in eine ungewisse Zukunft: Auch dieser syrische Junge, der mit seinen Eltern in einer leeren Markthalle lebt, genießt in der Türkei lediglich „vorübergehenden Schutz“, wie es offiziell heißt.
Foto: Mohssen Assanimoghaddam, dpa

Die Situation der syrischen Flüchtlinge in der Türkei wird wirtschaftlich immer schwieriger. Die türkische Opposition will sie nach einem Wahlsieg sofort deportieren lassen.

Kakerlaken. Schimmel. Täglich zwölf Stunden auf Schwarzarbeit für ein paar Lira, die jeden Tag weniger wert sind. Krankheit, Kummer, Heimweh und Verzweiflung – und keine Hoffnung, jemals wieder herauszukommen aus diesem Vorhof der Hölle: So leben Ahmet und Zahide Azkar mit ihren Kindern seit acht Jahren. Der Hölle selbst entflohen der Fabrikant und seine Familie, als sie sich vor den Bombenangriffen auf ihre syrische Heimatstadt Aleppo 2014 in die Türkei retteten. Seither stecken sie in einer Sackgasse, aus der es keinen Ausweg gibt – kein Zurück nach Syrien mehr, kein Vorwärts in ein neues Leben und keine tragfähige Existenz in Istanbul, wo sie jetzt sind.

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„Vorübergehender Schutz“ heißt der Status, den die Türkei für die vier Millionen syrischen Flüchtlinge im Land geschaffen hat. Er sichert den Menschen das Überleben, aber nicht viel mehr – und hindert sie zugleich daran, ein neues Leben aufzubauen. Europa hat vor den flüchtenden Syrern die Türen zugeknallt und den Schlüssel weggeworfen, weil sie in der Türkei gut aufgehoben seien – doch auch in der Türkei haben Flüchtlinge wie die Familie Azkar keine Zukunft.

Prekäre wirtschaftliche Lage: Viele syrische Geflüchtete sind nicht einmal sozialversichert

In der Wohnung der Azkars im Arbeiterviertel Fatih tropft Regenwasser in Plastikeimer, flächenweise ist die Decke schwarz vor Schimmel. Im Wohnraum, der mit einem Vorhang abgeteilt ist, hängt über dem Sofa ein Bild vom Bosporus mit dem Leanderturm – kaum fünf Kilometer entfernt von hier ist der Turm, doch die Azkars haben ihn noch nie gesehen. „Zu teuer, die Trambahn für die ganze Familie“, sagt Ahmet Azkar. Zeit für Ausflüge hat er ohnehin nicht, denn er ist täglich von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends auf Arbeit bei einem Kfz-Zulieferer.

Er arbeitet dort als Meister, der die türkischen Arbeitskräfte anlernt, wird aber als Hilfsarbeiter mit dem Mindestlohn bezahlt und nicht sozialversichert – so wie die allermeisten syrischen Beschäftigten in der Türkei, die sich mangels Arbeitserlaubnis auf dem „grauen Markt“ durchschlagen müssen, wie das hier heißt. Zugang zum türkischen Arbeitsmarkt ist in der Duldung der Syrer nicht enthalten und muss aufwändig beantragt werden. Bis heute haben keine 140.000 von 2,2 Millionen arbeitsfähigen Syrern eine Arbeitserlaubnis – die Ausbeutung auf dem grauen Markt ist entsprechend.

Den Job hatte Ahmet Azkar schnell finden müssen, als er mit Frau und Kindern aus dem zerbombten Aleppo in Istanbul ankam. Lange hatte die Familie gezögert, war dreimal innerhalb von Aleppo umgezogen, um der Bombardierung zu entkommen, doch irgendwann war alles kaputt: ihre Fabrik für Heizstrahler und die dazugehörigen Läden, das Auto und die Wohnung. Im Gespräch rollt Azkar den linken Ärmel hoch und zeigt die tiefen Narben, die Bombensplitter bei einem Angriff auf ihr Wohnhaus in seinem Unterarm hinterlassen haben. Auch an der rechten Schulter wurde er getroffen. Mit hundert Stichen zusammengenäht, waren seine Wunden noch frisch, als er in Istanbul ankam. Aber nach der Flucht hatte er noch genau zwei Lira in der Tasche. Zwei Wochen kam die Familie bei Verwandten unter, die schon da waren, dann war sie auf sich selbst gestellt.

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Der Auto-Zulieferer nahm Ahmet Azkar wegen seiner Fachkenntnisse mit Handkuss, doch mehr als den Mindestlohn auf die Hand bekommt Azkar bis heute nicht. Ohne Arbeitserlaubnis kann er keine Lohnerhöhungen und keine Sozialversicherung einfordern, doch mit Arbeitserlaubnis hätte er vermutlich gar keinen Job, befürchtet er und bemüht sich deshalb wie viele syrische Arbeitskräfte gar nicht erst darum: Die Illegalität ist ihr einziger Wettbewerbsvorteil gegenüber einheimischen Arbeitern und die einzige Chance auf Beschäftigung.

Jeder türkische Berufsanfänger in seinem Betrieb, die er ausbilde, werde besser bezahlt als er selbst, erzählt Azkar. Mit seinen 56 Jahren könne er es nicht riskieren, zu protestieren und dafür entlassen zu werden. Mit der katastrophalen Inflation in der Türkei steigt ihm das Wasser inzwischen bis zum Hals: Keinen Freund oder Bekannten gebe es mehr, von dem er nicht schon Geld geliehen habe, um es einem anderen zurückzuzahlen, bei dem er sich verschuldet habe, um am Monatsende noch Brot auf den Tisch zu bringen.

In einem fiebrigen Teufelskreis drehen sich die Überlegungen des Ehepaares ständig. Zurück nach Syrien? „Das Paradies!“, entfährt es Zahide, aber leider unerreichbar: Wo einst die Fabrik war, ist nichts mehr, nicht einmal Geröll, sagt Ahmet, vom Wohnhaus steht nur noch ein verkohltes Skelett ohne Wände – und der Krieg tobt noch immer. Weiter in ein anderes Land? Nach Kanada würde Ahmet gerne gehen, um dort noch einmal neu anzufangen und ein neues Leben aufzubauen, oder auch nach Deutschland, aber der Weg dorthin ist Syrern aus der Türkei verriegelt und versperrt, weil sie durch ihren Status in der Türkei als ausreichend geschützt gelten: Die Europäer nehmen nicht einmal das kleine Kontingent von Syrern auf, das sie der Türkei im Flüchtlingsabkommen von 2016 zugesagt hatten.

Syrische Flüchtlinge können weder zurück in die Heimat, noch in der Türkei bleiben

In der Türkei bleiben, ein Aufenthaltsrecht beantragen und irgendwann mal Staatsbürger werden? Geht auch nicht, denn Syrer genießen hier ausdrücklich nur „vorübergehenden“ Schutz, der jederzeit aufgehoben werden kann. Aufenthaltsrecht und Staatsbürgerschaft können sie nicht einmal beantragen – nur vereinzelt pickt sich der türkische Staat ein paar Ärzte und Akademiker heraus, um sie einzubürgern.

Kein Leben sei das, sagt das Ehepaar, nur eine Existenz im Ungewissen, und vor allem werde es bei der wirtschaftlichen Lage in der Türkei immer schwieriger. Die Türkei erlebt derzeit schon die zweite Wirtschaftskrise seit 2018. Die Inflation liegt nach amtlichen Angaben bei mehr als 50 Prozent, kritische Experten beziffern sie sogar auf über 100 Prozent. Nach Gewerkschaftsangaben haben nur 30 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung noch eine sozialversicherte Beschäftigung, und selbst nach amtlichen Angaben sind vier Millionen Türken auf Jobsuche – das entspricht ungefähr der Zahl der syrischen Flüchtlinge im Land. Das schafft Missgunst und Groll gegen die Syrer, der immer öfter umschlägt in Angriffe auf Syrer und ausländerfeindliche Krawalle.

Der Großteil der türkischen Bevölkerung will Syrer aus dem Land haben

Umfragen zufolge wollen mehr als 80 Prozent der türkischen Bevölkerung, dass die Syrer so bald wie möglich aus dem Land verschwinden. Die türkische Opposition verspricht, sie werde als erste Amtshandlung alle Syrer deportieren, wenn sie die Wahlen im kommenden Jahr gewinnt. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hält zwar dagegen: Die Türkei werde ihre Türen für Flüchtlinge offen halten und niemanden wegschicken, bekräftigte er kürzlich. Ein dauerhaftes Bleiberecht und eine Zukunftsperspektive in der Türkei kann aber auch der Staatschef den Syrern derzeit nicht anbieten – vor den Wahlen wäre das angesichts der Stimmung politischer Selbstmord.

Noch hält Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan an seinem Kurs fest – und will die Syrer nicht fortschicken.
Foto: Markus Schreiber, dpa

Schon lange würden sie auf der Straße von Fremden angegiftet, dass sie abhauen sollen in ihr eigenes Land, statt Türken Brot und Jobs zu stehlen, erzählen die Azkars. Selbst seine Würde habe er hier verloren, sagt Ahmet. Und was solle später werden, wenn er alt und arbeitsunfähig sei? „Werden wir dann auf der Straße liegen?“ In der Verzweiflung denkt der Familienvater manchmal daran, illegal über die Grenze nach Europa zu gehen, aber selbst das ist unmöglich: Wer weiß, wie lange es dauern würde, bis er irgendwo ankäme, oder ob er in einem Lager landen würde – wer sollte dann die Familie ernähren? Nein, er muss hier bleiben, die Zähne zusammenbeißen und weiter nach einem Ausweg sinnen.

Die Kinder, Dua und Yusef, haben still zugehört – mit 12 und 16 Jahren sind sie die jüngsten der sechs Kinder der Familie. Anders als die Eltern sprechen sie fließendes Türkisch, weil sie auf die örtliche Schule gehen wie fast alle syrischen Kinder in der Türkei zumindest im Grundschulalter – mehr als 700.000 an der Zahl, eine gewaltige Anstrengung der türkischen Gesellschaft und ein beispielhafter Erfolg. Doch obwohl er türkische Freunde habe, fühle er sich in der Türkei nicht zu Hause, sagt Yusuf – zu oft lasse ihn die Umwelt spüren, dass er nicht dazugehöre. Dua dagegen kann sich nicht an Syrien erinnern und durchaus vorstellen, in der Türkei zu bleiben. Polizistin würde sie gerne einmal werden, sagt das junge Mädchen, in Istanbul oder irgendwo sonst in der Türkei. Aber solange sie nicht die Staatsbürgerschaft des Landes anstreben kann, in dem sie lebt, bleibt auch das nur ein Traum von einem Leben.

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