Wie im Kinofilm nachts einfach im Museum bleiben
Ein mobiler Schlafwürfel ermöglicht die Übernachtung an ungewöhnlichen Orten. Das Projekt ist allerdings wirtschaftlich in Schieflage geraten.
„Nachts im Museum“ ist eine erfolgreiche US-Filmkomödie über einen Museumswächter, der nachts alleine auf die wertvollen Ausstellungsstücke aufpassen soll und dabei mit den zum Leben erwachten Exponaten die unwahrscheinlichsten Abenteuer erlebt. Eine Nacht alleine im Museum – dafür muss man im Museum Lüneburg kein Museumswächter sein, sondern kann als Gast ganz regulär eine Übernachtung mitten zwischen versteinerten Stoßzähnen und Mammutknochen buchen.
„Das war ein einmaliges Erlebnis. Und es hat bei uns auch nicht gespukt, sondern wir haben sehr gut geschlafen“, sagt Anne Beckmann-de Badts. Zusammen mit ihrer Tochter Jule ist sie kürzlich extra aus Frankfurt am Main nach Lüneburg gekommen, um eine Nacht in ungewöhnlicher Umgebung zu erleben. „Wir beide besuchen gerne Museen, deswegen habe ich meiner Mutter so eine Übernachtung zum Geburtstag geschenkt“, erzählt Jule, die in die 7. Klasse geht.
Das Museum als größtes Hotelzimmer Deutschlands
Wenn das Museum Lüneburg abends schließt, sind die Übernachtungsgäste alleine im großen Haus. Sie können sich auf einer Fläche von 200 Quadratmetern im Foyer und in der Abteilung „Schichten und schieben“ frei bewegen, in der Jahrmillionen alte Fossilien und Gesteine aus der Frühgeschichte der Region Lüneburg in Vitrinen präsentiert werden. „Das ist das größte Hotelzimmer Deutschlands“, sagt Anne Beckmann-de Badts. Neben einem Rundgang in aller Ruhe durch die Ausstellung, in der man in die Eiszeit versetzt wird, haben die beiden die besonderen Räumlichkeiten auch besonders genutzt: Anne hat ein Video mit ihrer tanzenden Tochter vor einzigartiger Kulisse aufgenommen, in dem sie zeigt, was sie im Ballettunterricht gelernt hat.
Wobei man sicher sein darf, dass man das abgeschlossene und abgedunkelte Museumsgebäude im Notfall verlassen und einen Ansprechpartner telefonisch erreichen kann. „Es ist schon ein spezielles Gefühl zu wissen, dass wir hier nackt durchs Haus laufen könnten, ohne dass es jemand mitbekommt. Haben wir aber nicht gemacht“, erzählt Beckmann-de Badts lachend. Andere Gäste nutzen die Nacht zum Beispiel, um zu spielen, in den Büchern über Lüneburg im Museumsshop zu blättern, zu musizieren oder mit einem ferngesteuerten Auto die Räume zu erkunden, berichtet Gästebetreuerin Angela Becker.
Der Schlafwürfel ist auch für Outdoor geeignet
Möglich wird die Übernachtung durch die Zusammenarbeit des Museums Lüneburg mit dem Unternehmen Sleeperoo aus Hamburg. Es hat einen zeltartigen zwölf Kubikmeter großen Würfel mit weitgehend transparenter Außenhaut entwickelt und herstellen lassen, mit Platz für drei Übernachtungsgäste. Dieser sogenannte Cube wird an ungewöhnlichen Orten aufgestellt, zum Beispiel in Brauereien, am Strand oder in Tierparks. „Wir waren 2019 das erste Museum in Deutschland mit diesem Angebot“, sagt Lüneburgs Museumsleiterin Heike Düselder und fügt hinzu: „Seit Oktober läuft das richtig gut, wir haben im Schnitt drei Übernachtungen die Woche. Schäden durch Gäste habe es bisher nicht gegeben.
Das spiegelt sich auch im Gästebuch des Museums wider. Dort finden sich Eintragungen wie „Wir durften unseren Jahrestag bei Ihnen im Museum verbringen. Es war wirklich ein einmaliges Erlebnis“ oder „Ich glaube, am meisten haben wir die Stille genossen und einfach zu zweit zu sein.“ Mittlerweile bieten weitere Ausstellungshäuser Übernachtungen in ihren Räumlichkeiten an, so das Schulmuseum Schönwalde in Ostholstein, die Maritime Erlebniswelt Papenburg, das Aeronauticum bei Cuxhaven und das Erlebnismuseum Energeticon in Alsdorf.
Begeisterte Einträge im Gästebuch des Museums
Auf dem Gelände des Focke-Museums Bremen und des Museumsdorfs Cloppenburg kann man draußen im Sleeperoo übernachten und bei passendem Wetter durch das Panoramadach den Blick in den Sternenhimmel genießen. Insgesamt finden sich auf der Sleeperoo-Homepage rund 70 Ziele in ganz Deutschland, vom Schwarzwald bis zur norddeutschen Küste – drinnen gelten die meisten Angebote von Oktober bis April, draußen von April bis Oktober. Bekannt geworden ist das Unternehmen Sleeperoo mit seinen mobilen Schlafwürfeln durch das TV-Format „Die Höhle der Löwen“. Allerdings musste das Unternehmen Ende Februar Insolvenz anmelden. Nach Auskunft des Unternehmens wird ein neuer Eigentümer Sleeperoo übernehmen.
Nach jetzigem Stand geht das Unternehmen davon aus, dass das Outdoor-Übernachtungsangebot, das Mitte April startet, aufrechterhalten werden kann. Im Museum Lüneburg hofft man wegen des großen Interesses am Übernachtungsangebot, dass man ab Oktober wieder einen Sleeperoo-Cube zum Übernachten aufstellen kann. Mutter und Tochter Beckmann-de Badts jedenfalls haben sich im Lüneburger Museum den zweiten Teil von „Nachts im Museum“ auf ihrem Tablet angeschaut – allerdings nur bis zur Hälfte, dann sind sie vor Müdigkeit eingeschlafen. Dafür waren sie morgens pünktlich zum Frühstück im Museumscafé. Bis 9.30 Uhr muss man auschecken – um 10 Uhr steht das Museum dann wieder für alle Besucher offen.
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