
30 Jahre Arbeit im Weltladen: Dafür setzen sie sich ein

Plus Heidi und Wolfgang Langel haben sich 30 Jahre lang im Königsbrunner Weltladen engagiert. Warum sie nun aufhören.
Es war ein wehmütiger Abend, auch wenn viel gelacht wurde. Heidi und Wolfgang Langel verlassen nach 30 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit den Weltladen, der sich für einen fairen Handel weltweit einsetzt. „Ich muss aufpassen, dass ich nicht anfange zu weinen“, sagt Weltladen-Chefin Gerlinde Ostermeier, als sie zum Abschied mit den beiden und einem Glas Prosecco anstößt. Das Ehepaar Langel hatte sich so vielfältig aktiv in die Arbeit eingebracht, dass es ein ganzes Fotoalbum füllt.
Ostermeier hat all die Fotos zusammengetragen und erinnert an die vielen Aktionen, an denen die beiden beteiligt waren: Präsentationsstände auf dem Niklausmarkt, der KöMa oder beim Königsbrunner Herbst, Veranstaltungen wie das Musical-Drama der philippinischen Tanzgruppe Akbay-Preda oder Lesungen mit der Palästinenserin Sumaya Farhat-Naser und dem kürzlich verstorbenen Priester Ernesto Cardenal aus Nicaragua. Auf vielen Bildern ist Wolfgang Langel auch mit Werkzeug oder Farbe und Pinsel zu sehen, wie bei der Renovierung des Ladens 1996.
Zusätzlich zu den vielen Höhepunkten kommen der wöchentliche Ladendienst und die Jugendarbeit. Besonders bei Letzterem weiß Ostermeier nicht, wie es weiter gehen soll, „da fallen wir in ein großes Loch“. Viele Königsbrunner Schulklassen haben Wolfgang und Heidi Langel über den fairen Handel aufgeklärt. Erklärt, wie die Menschen in Entwicklungsländern leben und unter welchen Verhältnissen sie arbeiten, auch für deutsche Produkte. Beispielsweise erzählt Wolfgang Langel an diesem Abend die Geschichte des westafrikanischen Jungen, der täglich Kakaobohnen sammelt, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen, ohne zu wissen, was aus den Kakaobohnen gemacht wird – und ohne jemals ein Stück Schokolade gegessen zu haben. An dieser Stelle seien die Schulklassen immer ganz still gewesen, so Langel.
Ehrenamt im Weltladen: Den Königsbrunnern geht es um Gerechtigkeit
Das Ehepaar Langel kam über die Arbeit in der Pfarrei zum Weltladen. „Wir haben damals Pionierarbeit geleistet“, hebt Wolfgang Langel hervor und seine Frau ergänzt, „wir haben viel Aufklärungsarbeit gemacht“. Wolfgang Langel erklärt seine Motivation, auch im Ruhestand noch so aktiv zu sein: „Ich sah, dass es Menschen gibt, die nie von ihrem Einkommen leben können und von den Industrieländern benachteiligt werden. Es geht um gerechte Strukturen.“ Ziel der Arbeit sei es, den Menschen in den Entwicklungsländern eine Existenzgrundlage zu geben.
Heidi Langel erinnert sich an die Anfänge: Zuerst gab es im Weltladen nur Kaffee, Tee und „unmoderne“ Jutetaschen. „Für die Idee des Weltladens interessierten sich nur Menschen, die sich mit der Thematik auseinandersetzten.“ Heute kann der Verbraucher auch fair gehandelte Produkte im Supermarkt kaufen. Allerdings gäbe es im Weltladen immer noch besondere Stücke, die es sonst nirgends gibt, wie Kunsthandwerk oder Taschen und Textilien. Die Fair-Trade-Organisation GEPA betreibe in den Entwicklungsländern Aufklärung, damit Produkte hergestellt werden, die in Europa auf Interesse stoßen, beispielsweise modische Handtaschen und Tücher.
Königsbrunner wünschen sich bessere Bedingungen für Kleinproduzenten
Wer dem Ehepaar Langel zuhört, merkt, dass sie für die Sache brennen. Aber mit der aktiven Arbeit soll jetzt trotzdem Schluss sein. Wolfgang Langel ist 84 und Heidi 75 Jahre alt. Corona tut ein Weiteres. Seit dem Ausbruch der Pandemie haben sich selbstverständlich keine Schulklassen mehr angemeldet, erzählt Wolfgang Langel mit Wehmut. Heidi Langel wendet sich an die rund zwanzig Vereinsmitglieder, die an dem Abschiedsabend dabei sind: „Ich möchte euch ermuntern, dabei zu bleiben und weiter zu machen. In den Entwicklungsländern geht es den Menschen so schlecht, dass sie unsere Hilfe brauchen.“
Ostermeier hebt in ihrer Abschiedsrede die Verdienste des Ehepaars hervor, das sich ganz bewusst für die entwicklungspolitische Arbeit des Weltladens und des Vereins entschieden hat, und sagt: „Ehrenamt ist keine Arbeit, die nicht bezahlt wird. Ehrenamt ist eine Arbeit, die unbezahlbar ist.“ Der Faire Handel ist die größte entwicklungspolitische Bewegung in Deutschland und trage dazu bei, dass mehr als 2,5 Millionen Kleinproduzenten bessere Arbeitsbedingungen und neue Perspektiven haben. Im Gespräch mit unserer Zeitung hebt Ostermeier hervor, dass der Weltladen immer aufgeschlossene Menschen sucht, die sich ehrenamtlich für die gute Idee des fairen Handels einsetzen wollen. Die Arbeit im Weltladen bietet sinnvolle Tätigkeit beim Einkauf, Ladendienst, Dekoration, Homepage, Öffentlichkeits- oder Bildungsarbeit. Wer unverbindlich in die Ladenarbeit reinschnuppern möchte, sei jederzeit willkommen.
Kontakt Gerlinde Ostermeier, E-Mail gerlinde.ostermeier@web.de, Telefon 08231/91979
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