DLV atmet auf: Medaillen-Triple nimmt Druck
Barcelona (dpa) - Der deutschen Frauen-Power sei Dank: Nach dem goldenen EM-Doppelschlag von Verena Sailer (100 Meter) und Linda Stahl sowie Silber für Christina Obergföll (beide Speer) kann der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) aufatmen und auf ein Happy End in Barcelona hoffen.
"Es war schon ein besorgniserregendes Gefühl, dass an den ersten beiden Tagen die Medaillen ohne uns vergeben wurden", meinte DLV-Präsident Clemens Prokop zur EM-"Halbzeit". Auch sein Cheftrainer Herbert Czingon war froh: "Ein toller Abend. Das war für alle eine große Erleichterung und Ermutigung."
Den Schwung der Heim-Weltmeisterschaft 2009 in Berlin mit auf Barcelonas Hausberg Montjuic nehmen und die Zahl der neun an der Spree gewonnenen Edelplakette zu toppen - das war ursprünglich das Ziel. "Nach diesem fantastischen Donnerstagabend wäre ich bei der EM mit weniger als neun Medaillen zufrieden", meinte Prokop. "Denn die Farbe der Medaillen strahlen so hell."
Zweimal Gold auf einen Schlag: Da wurden Erinnerungen an Heike Henkel (Hochsprung) und Dieter Baumann (5000 Meter) wach, die 1992 an gleicher Stätte binnen weniger Sekunden Olympiasieger wurden. Unabhängig von den weiteren Erfolgen wähnt Prokop sein Nationalteam auf gutem Weg zu den Sommerspielen in London: "Ich glaube an die Mannschaft. Sie hat das Potenzial, 2012 erfolgreich zu sein."
Allerdings gab es auch große Enttäuschungen im deutschen Team. Im Diskusring spielten Topfavoritin Nadine Müller die Nerven einen Streich: Mit 57,78 blieb sie genau zehn Meter unter ihrer Weltjahresbestleistung. Auch Kugelstoßerin Nadine Kleinert kann es besser. Doch ihr EM-Fluch hielt auch in Spanien: Nach drei sechsten Plätzen landete sie diesmal auf Rang sieben.
Frust herrschte zudem beim Hammer-Duo Markus Esser (EM-Vierter 2006) und Kathrin Klaas (WM-Vierte) sowie bei Stabhochspringer Malte Mohr (Hallen-Vizeweltmeister), die allesamt im Vorkampf rausflogen.
Am Wochenende wollen es die Deutschen jedoch noch einmal so richtig krachen lassen: Allein 22 der 47 Medaillenentscheidungen fallen am Samstag und am Super-Sonntag. Dann kommt der große Tag von Robert Harting. Wenn der Diskuswurf-Weltmeister wieder den richtigen Dreh findet, dann ist für den Hünen aus Berlin auch das erste EM-Gold drin. Harting erwartet ein spannendes Finale: "Die EM wird ein 70- Meter-Krimi. Ich bin mir sicher, dass die 70 Meter geworfen werden", kündigte der 25-Jährige auf seiner Homepage an. Und: "Ich glaube fest daran, dass auch ich sie drauf habe."
Viel drauf hat auch Hürdenflitzerin Carolin Nytra. Wenn die 25- Jährige aus Bremen dem Druck standhält, ist alles drin. Die Chance ist da: Nytra, die in diesem Jahr die 100 Meter Hürden schon in 12,57 Sekunden lief, könnte die erste deutsche Europameisterin seit 32 Jahren werden. 1978 hatte Johanna Klier für die DDR Hürden-Gold geholt.
Ariane Friedrich oder Blanka Vlasic? Das Hochsprung-Duell könnte am Sonntag zum Höhepunkt werden. Die Deutsche ist mit viel Selbstvertrauen angereist, die Kroatin mit der europäischen Saisonbestleistung von 2,03 Meter. Alle vier Staffelentscheidungen fallen am Schlusstag: Nach WM-Bronze über 4 x 100 Meter und EM-Gold von Verena Sailer rechnen sich die deutschen Frauen etwas aus.
Aber auch die Stabhochspringer rüsten zum Höhenflug - der Absturz von Medaillenkandidat Mohr motiviert das Duo eher: "Ich will versuchen, für Malte in die Bresche zu springen und eine Medaille zu holen", sagte Fabian Schulze. Zweiter Mann im Finale am 31. Juli ist Youngster Raphael Holzdeppe. Motto der Stab-Show: Alle gegen den Franzosen Renaud Lavillenie.
Nach dem Befreiungsschlag am 29. Juli mit Doppel-Gold und Silber könnten die DLV-Asse vielleicht sogar an das Göteborg-Ergebnis herankommen: Bei der EM 2006 erkämpften die Deutschen zehn Medaillen: Viermal Gold, viermal Silber und zweimal Bronze.
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