Zoff in der Nationalmannschaft: Die Fassade bröckelt
Es begann mit dem Zwist zwischen Kapitän Ballack und Teammanager Bierhoff. Jetzt gipfeln die Unruhen in der deutschen Nationalmannschaft im Zoff zwischen Ballack und Bundestrainer Löw. Das könnte gravierende Konsequenzen nach sich ziehen. Von Anton Schwankhart
Langjährige Begleiter der Nationalmannschaft kennen das: Kaum hat eine deutsche Fußball-Expedition ihr Quartier bezogen, herrscht schon eine Atmosphäre wie in einer 1970er-Jahre-Landkommune. Lustiges Miteinander, alle haben sich lieb. Das jedenfalls versucht Oliver Bierhoff den Journalisten weiszumachen.
Nicht wenige haben es deshalb als gerechte Rache des Schicksals gesehen, dass es zuerst den Teammanager getroffen hat, als die Fassade nach dem verloren EM-Finale gegen Spanien zerbrach.
Bierhoff hatte eine Danksagung der Spieler gegenüber den Fans befohlen. Michael Ballack aber steckte noch mitten in der Niederlage. So flog Bierhoff die Fassade um die Ohren. Das Verhältnis zwischen den beiden ist seither zerstört.
Joachim Löw hielt sich in dem Machtkampf zurück, so gut es ging. Der Bundestrainer ließ auch die beiden Herausforderer Thomas Hitzlsperger ("Ich weiß, dass mit Michael Ballack und Torsten Frings noch zwei erfahrene Spieler da sind, die es zu verdrängen gilt") und Simon Rolfes gewähren, die den Leitwölfen Druck machten. Er forciert den Konkurrenzkampf. Löw hat den Kurs geändert. Der Kapitän aber will nicht widerspruchslos mitsegeln.
Dem Bundestrainer geht es um die WM 2010
Ballack missfällt, dass die Alten, einer nach dem anderen (Metzelder, Lehmann, Frings), weichen müssen. Er will stabile Hierarchien. Vorne er selbst, dahinter ein Frings, der ihm den Rücken deckt. Sportlich ist die deutsche Elf mit diesem Tandem gut gefahren. Intern aber hat es häufiger gekracht, als Bierhoff glauben machen möchte. Die Jungen mussten auf die Zähne beißen, wenn der Kapitän schlechte Laune hatte.
Dem Bundestrainer geht es um 2010. Er möchte für die WM in Südafrika Alternativen haben, wenn die alten Stützen nicht mehr tragen. Ballack und Frings sind dann knapp 34. Hitzlsperger ist schon jetzt nicht schlechter als der Bremer. Aber er ist einer der Jungen, die es gewagt haben, den Chef herauszufordern. Nun darf Hitzlsperger neben Ballack spielen - und das auch noch an Frings Stelle.
Zu viel für den Kapitän, der seine Kompetenzen mit den öffentlichen Klagen gegen den Bundestrainer allerdings weit überschätzt. Joachim Löw ist der Boss - er wird es Ballack spüren lassen. Der Bundestrainer ist härter, als er aussieht. Wenn sich sein wild gewordener Spielführer nicht einfangen lässt, wird es ohne ihn gehen müssen.
Sportlich wäre das ein Verlust, aber immer noch besser als eine faule Fassade.
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