Randbemerkung: Trapattonis Wutrede feiert Geburtstag

Von Anton Schwankhart

Kein Standardwerk "Große Reden der Zeitgeschichte", das etwas auf sich hält, dürfte ohne Giovanni Trapattonis "Habe-fertig-Rede" auskommen.

Dem Italiener gebührt wenigstens ein Platz zwischen dem ehemaligen Bundespräsidenten Herzog ("Ruck-Rede") sowie Häuptling Seattles Ansprache an sein Volk aus dem Jahr 1854 ("Der große Häuptling aus Washington sendet Nachricht, dass er unser Land zu kaufen wünscht").

Drei Minuten und zehn Sekunden dauerte die Tirade, die Trapattoni ins Land hinaus brüllte. Er schaffte es damit in die Tagesschau und die Köpfe einer ganzen Nation.

Kein Vorsitzender eines Hasenzüchtervereins, der anschließend eine Jahreshauptversammlung ohne "Habe fertig" beenden wollte.

Heute auf den Tag zehn Jahre später gibt es Menschen, die Trapattonis Wutrede noch komplett auswendig können. Von Herzogs gefeierter, programmatischer Ruck-rede an der Schwelle ins 21. Jahrhundert ist lediglich das "Ruck" übriggeblieben ist.

Trapattonis Rede dagegen war weder programmatisch noch wurde sie gefeiert. Die Menschen haben sie genossen und sich totgelacht. Wer wollte, konnte aus ihr heraushören, dass sich ein Seniorchef von überbezahlten jungen Schnöseln nicht alles bieten lassen muss. Dass er nicht ihr Prügelknabe ist, der für den Mist, den sie produzieren, geduldig seinen Kopf hinzuhalten hat, sondern seiner Wut freien Lauf lassen darf.

Es ging daraufhin ein "Habe-fertig" durchs Land, wie es dem "Ruck" nicht vergönnt war. Dabei war vieles unverständlich geblieben. Ein Charakteristikum großer Reden, bei denen das meiste im Dunkel bleibt. Wer in die Köpfe der Menschen will, muss auf die Form achten, sie bleibt. Der Inhalt verschwindet. Edmund Stoiber hat das erkannt. Er war den Bayern nie näher als in seiner absurden Rede über den Transrapid.