Stindl sammelt WM-Punkte
Confed Cup Der spätberufene Gladbacher beeindruckt den Bundestrainer nicht nur wegen seines Treffers zum 1:1 gegen Chile. Damit empfiehlt er sich auch für das Kamerunspiel am Sonntag
Lars Stindl hatte seine schwarze Kappe tief ins Gesicht gezogen und untertrieb auf dem Weg zum Mannschaftsbus im WM-Stadion von Kasan maßlos. „Ja, ich kann nicht meckern momentan“, sagte der Spätzünder im Fußball-Nationaltrikot angesprochen auf sein bislang rundum positives Turnierdebüt in Russland.
Der 28-jährige Gladbacher ist kein Marktschreier in eigener Sache. Aber beim Confed Cup gehen für ihn zur Zeit alle Wünsche in Erfüllung. Er spielt, er trifft und er ist erfolgreich mit den vielen jungen Teamkollegen, die nach dem 1:1 gegen Chile entschlossen Kurs auf das Halbfinale nehmen. Zwei Spiele, zwei Tore – viel besser konnte es für ihn nicht beginnen in Russland.
Stindl empfiehlt sich nach seinem vierten Länderspiel nicht bloß für weitere Einsätze beim Confed Cup. Der Kapitän von Borussia Mönchengladbach sammelt fleißig WM-Punkte beim Bundestrainer. „Er hat in der Zeit, in er bei uns ist, absolut überzeugt – nicht nur wegen seiner Tore, sondern mit der Art und Weise, wie er spielt“, lobte Joachim Löw am Donnerstagabend. Auch neben dem Platz kommt der Neuling gut an. „Er ist schon ruhig, aber auch selbstsicher. Er ist eine Persönlichkeit, er zeigt keine Ansätze von Nervosität“, beschrieb der Bundestrainer Stindl. Seit dem ersten Training und dem ersten Testspiel in Dänemark vor zweieinhalb Wochen überzeugt Stindl mit guten Leistungen. „Er ist ein sehr raffinierter Spieler mit unglaublicher Spielintelligenz und guter Orientierung im Raum“, beschrieb Löw. Der Bundestrainer übertrug ihm für das Spiel gegen Chile die Rolle von Weltmeister Mario Götze. Stindl agierte vorne als falsche Neun. „Lars ist eigentlich ein Spieler, der aus der Tiefe kommt. Ich habe ihn ganz vorne hingestellt, weil ich wollte, dass er die Bälle gut verarbeitet“, erläuterte Löw und urteilte: „Das hat er hervorragend gemacht.“ Viel Zeit, sich auf die ungewohnte Rolle einzustellen, hatte Stindl nicht. „Ich habe es im Laufe des Tages erfahren, dass ich ein Stück weit allein vorne spiele“, berichtete er. Er erfüllte den Job klasse. Die Krönung war sein zweites Turniertor. Und es ist typisch Stindl, dass er den Anteil der Torvorbereiter über den eigenen Beitrag stellte.
Die Entschlossenheit, mit der Stindl im Strafraum den erfolgreichen Abschluss suchte, äußerte er auch beim Blick auf die nächsten Ziele. „Wir wollen natürlich den maximal Erfolg, wollen noch Gruppensieger werden“, sagte er mit Blick auf die Partie am Sonntag (17 Uhr/ZDF) gegen Kamerun. Löws Ziel lautet, den punktgleichen Tabellenführer Chile im Fernduell doch noch zu überholen und sich so ein Semifinale ohne weitere Reisestrapazen zu erarbeiten. Als Gruppenerster könnte das deutsche Team nicht nur in Sotschi bleiben. Vermutlich würde der Weltmeister im Kampf ums Endspiel auch Europameister Portugal aus dem Weg gehen. Bei Punktgleichheit entscheidet die Tordifferenz. Und da sind die starken Chilenen um Bayern-Star Arturo Vidal den Deutschen um einen Treffer voraus. „Es wäre für uns schon erstrebenswert, diese Gruppe zu gewinnen. Dann könnten wir das Halbfinale in Sotschi bestreiten“, betonte Löw. Chile spielt am Sonntag parallel gegen Australien. Im Falle einer ersten Niederlage gegen Kamerun ist aber auch noch ein Vorrunden-K.o. möglich. Ein Remis reicht definitiv zum Weiterkommen. Löw aber will im 150. Länderspiel unbedingt seinen 100. Sieg feiern. Diese DFB-Bestmarke musste gegen die anfangs übermächtigen Chilenen noch vertagt werden. Gegen die älteste Mannschaft des Turniers meisterte das jüngste Team schließlich eine erste kritische Situation im Turnier. Das frühe 0:1 nach einem Aussetzer von Mustafi, der seinem Arsenal-Kollegen Alexis Sanchez den Treffer quasi auflegte, wurde bravourös weggesteckt. „Der Start war extrem suboptimal. Eine Mannschaft kann an so etwas auch zerbrechen“, sagte der Schalker Leon Goretzka.
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