Vettel großer Verlierer - Comeback von Hamilton
Budapest (dpa) - Sebastian Vettel war bei Lewis Hamiltons befreiendem Sieg auf dem Hungaroring der große Verlierer. Doch das Pech der deutschen WM-Hoffnung beim Großen Preis von Ungarn stand im Schatten der Sorgen um Felipe Massa nach dessen Horror-Unfall in der Qualifikation.
Red-Bull-Pilot Vettel musste in Budapest in der 31. Runde wegen technischer Probleme aufgeben und verlor damit im Titelrennen gegenüber WM-Spitzenreiter Jenson Button und Teamkollege Mark Webber möglicherweise schon entscheidend an Boden. Dennoch gab es für die deutsche Fahrer-Flotte Grund zur Freude: Williams-Pilot Nico Rosberg fuhr nach einer fehlerfreien Leistung auf Rang vier, Toyota-Pilot Timo Glock, im Vorjahr Zweiter, raste von Startposition 13 noch auf den sechsten Platz.
Nach einer Kollision kurz nach dem Start mit Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen und einem Ausritt in die Wiese musste der 22-jährige Vettel erst zu einem außerplanmäßigen Stopp in der 28. Runde an die Box einbiegen. Drei Durchgänge später parkte der von Platz zwei gestartete Heppenheimer seinen Formel-1-Boliden mit einer defekten Radaufhängung vorne links als Spätfolge des Vorfalls mit Räikkönen frustriert in der Garage.
"Das ist bitter. Wir müssen jeden Punkt aufholen. Wenn man dann nicht ankommt, kann man natürlich auch nicht punkten", meinte Vettel enttäuscht, der nach dem zehnten Saisonlauf in der WM-Wertung hinter Button (70 Punkte) und dem Australier Webber (51,5) mit 47 Zählern von Rang zwei auf drei zurückfiel. "Mir tut das leid für Sebastian", sagte Vettels Teamchef Christian Horner, sieht aber immer noch Titelchancen für seine beiden Fahrer: "Das Tor ist noch weit offen." Ein Trost für Vettel war, dass auch Button als Siebter bei angenehmen Temperaturen um 25 Grad nicht in die Gänge kam.
Weltmeister Hamilton und McLaren-Mercedes erlebten indes ein eindrucksvolles Comeback nach einer bisher völlig missratenen Saison und bestätigten den Aufwärtstrend. Der Brite gewann nach 306,630 Kilometern in 1:38:23,876 Stunden vor Räikkönen und Webber. Räikkönens Platz zwei war einen kleiner sportlicher Trost für die Scuderia nach den Sorgen um seinen Teamkollegen Massa.
An Hamilton kam niemand ran. "Das war eine Sensation. Lewis war eine Klasse für sich. Er hat das Rennen total kontrolliert. Da sieht man, was vielleicht schon am Nürburgring gegangen wäre", sagte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug. "Das war kein geschenkter Sieg." Der 24-jährige Hamilton holte seinen ersten Sieg seit dem 19. Oktober 2008 in China. "Es ist ein unglaubliches Gefühl, wieder hier zu sein nach einer so langen Durststrecke. Wir haben so gekämpft. Ich bin so stolz auf das Team", sagte Hamilton, dessen Freundin Nicole Scherzinger in der Box eine Freudenträne verdrückte. Der Brite ist der erste Sieger in dieser Saison, der nicht aus dem Brawn-GP oder Red-Bull-Rennstall kommt. Außerdem ist er auch der erste Sieger in einem KERS-Auto.
Hamilton dachte trotz des Triumphs wie die anderen Fahrer-Kollegen auch an Kollege Massa. "Gestern war ein trauriger Tag. Ich sage im Namen aller, dass wir mit ihm bangen und hoffen", meinte er. Vor dem Rennen schickten Massas Ferrari-Mechaniker mit einem Schild mit der Aufschrift "Forza Felipe. Siamo con te" ("Auf Felipe. Wir sind bei Dir.") Grüße in das Krankenhaus.
Nach ärztlichen Angaben könnte Massa bis zu sechs Wochen ausfallen. In der Qualifikation war er von einem Teil vom Brawn GP seines Landsmanns Rubens Barrichello getroffen und war ungebremst in einen Reifenstapel gerast. Er wurde von den Medizinern für 48 Stunden in ein künstliches Koma versetzt, aus dem er immer wieder geweckt werden sollte. Bleibende Schäden soll Massa trotz der schweren Verletzungen aber nicht davontragen. "Massa ist in einer stabilen, zufriedenstellenden Situation", teilten die Ärzte des AEK-Krankenhauses mit. Massas Renningenieur Rob Smedley meinte nach dem Rennen: "Er hat recht gut auf die Therapie reagiert. Er spricht nicht flüssig, aber er reagiert mit Zeichen."
Einen Tag nach dem spektakulären Unfall von Massa entkam die Formel 1 knapp einem weiteren Unglück. Der rechte Vorderreifen an Fernando Alonsos Renault löste sich kurz nach seinem ersten Boxenstopp in der 12. Runde erst eine Radkappe, dann sprang das rechte Vorderrad unkontrolliert über die Strecke. Der Spanier, der von der Pole Position gestartet war, fuhr noch einmal an die Box, doch im 17. Durchgang gab er ohne Siegchance auf. Die Rennkommissare reagierten hart und suspendierten Renault wegen der Fahrlässigkeit für das nächste Rennen in vier Wochen in Valencia. Betroffen von dem Bann ist neben Alonso auch sein Teamkollege Nelson Piquet jr.
Hamilton ließ sich von alldem nicht beeindrucken. Wie zu seinen besten Zeiten kontrollierte der jüngste Champion in der Formel-1- Geschichte das Rennen und lieferte eine fehlerfreie Vorstellung. Davon konnte im BMW-Sauber-Team nicht die Rede sein. Schon nach der Qualifikation war das Rennen auf dem zweitlangsamsten Kurs im Formel- 1-Kalender für die "Weiß-Blauen" gelaufen. Zum dritten Mal hintereinander blieb BMW-Sauber ohne Punkte. Nick Heidfeld wurde nur Elfter, der Pole Robert Kubica 13. Bitter verlief auch der Tag für Adrian Sutil. Schon in der Formationsrunde überhitzte der Mercedes- Motor in seinem Force India. Der Gräfelfinger startete trotzdem, kam aber schon kur darauf wieder an die Box und gab auf.
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