Hoeneß-Gerücht: Veh verstimmt trotz Istanbul-Coup
Istanbul (dpa) - Besser als die Bayern, fast im Achtelfinale der Champions League und sogar von den gegnerischen Fans gefeiert - aber trotzdem sah Armin Veh nicht wie ein glücklicher Mensch aus.
Geradezu mürrisch ging der Übungsleiter des VfL Wolfsburg durch die Katakomben des baufälligen Inönü-Stadions, analysierte müde lächelnd den souveränen 3:0-Sieg bei Besiktas Istanbul. Und er schaute noch ein bisschen verdrießlicher, als die Rede auf Dieter Hoeneß kam. "Ich kann das nicht für voll nehmen", sagte der verstimmte Veh und klagte über die am Spieltag verbreiteten Gerüchte über Hoeneß und den VfL: "Ich weiß nicht, wer so etwas initiiert."
Die Meldungen von Berliner Boulevard-Zeitungen, dass der jüngere der Hoeneß-Brüder in Wolfsburg als Manager im Gespräch sei, schienen am Trainer, Manager und Geschäftsführer des deutschen Fußballmeisters nicht ganz spurlos vorbeigegangen zu sein. Auch wenn der dreifach beschäftigte VfL-Angestellte versicherte: "Dass ich mich mit so einem Blödsinn an einem wichtigen Spieltag nicht beschäftige, ist wohl selbstredend." Das Dementi hatte Vehs Geschäftsführer-Kollege Jürgen Marbach ("Völliger Quatsch") übernommen, der für die kolportierte Umstrukturierung zuständige Aufsichtsrat blieb hingegen stumm.
Veh neigt grundsätzlich nicht zum mimischen Überschwang, doch sein Gesichtsausdruck passte dieses Mal überhaupt nicht zum sportlichen Geschehen. Denn der Abend in der "Hölle von Istanbul", im angeblich lautesten Stadion der Welt, war nahezu perfekt für den Coach. Unmittelbar nach der unerwartet überzeugenden und reifen Vorstellung seines Teams mit Toren von Zvjezdan Misimovic (14. Minute), Christian Gentner (80.) und Edin Dzeko (87.) erfuhr Veh von der 3:3-Aufholjagd von Manchester United gegen ZSKA Moskau.
Das Remis ist entscheidend für die Situation in der Gruppe B: Dem VfL reicht nun am 25. November ein Unentschieden in Moskau, um die K.o.-Runde der "Königsklasse" zu erreichen. ZSKA könnte mit einem Remis zwar nach Punkten gleichziehen, doch der VfL käme aufgrund des Hinspielsieges durch den gewonnenen Direktvergleich weiter.
Auch im schlimmsten Fall, bei zwei Niederlagen in den beiden verbleibenden Gruppenspielen, werden die Wolfsburger im europäischen Fußball überwintern, das Minimalziel Europa League ist bereits erreicht. "Dass wir mindestens Dritter sind, ist auf jeden Fall ein Erfolg", sagte Veh: "Wir haben es aber in der eigenen Hand und wollen mit aller Macht ins Achtelfinale."
Die Wolfsburger sind nun die beste deutsche Mannschaft in der Champions League, da der FC Bayern München durch die Niederlage gegen Bordeaux um das Erreichen der K.o.-Runde zittern muss. Besonders gefiel das dem in München aufgewachsenen und beim FC Bayern groß gewordenen Misimovic. "Wir wollen beweisen, dass die Meisterschaft keine Eintagsfliege ist", sagte der beste Mann des Spiels. Die Ausgangslage sei "sehr schön".
Überrascht wurden die VfL-Profis nicht nur von den Ergebnissen aus München und Manchester, sondern auch von den Besiktas-Fans: Die während des Spiels reichlich lärmenden Türken beschimpften nach Spielschluss den eigenen Präsidenten und bejubelten die Wolfsburger Spieler. "Es ist schon eine besondere Situation, wenn man im Ausland von den gegnerischen Fans gefeiert wird", sagte Verteidiger Alexander Madlung.
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