Magdalena Neuner ist eine, die den richtigen Zeitpunkt fand
Biathletin Magdalena Neuner war eine der bekanntesten Sportlerinnen. Mit 25 gibt sie ihr Karriereende bekannt. Sie wollte wieder Normalität in ihrem Leben haben.
Irgendwann kommt immer die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für das Karriereende. Oft kommt sie spät, meist zu spät. Die wenigsten Spitzensportlerinnen oder Spitzensportler schaffen es, auf dem Höhepunkt einer Karriere aufzuhören. Viele wollen das auch gar nicht, weil sie die Aufmerksamkeit, den Beifall und schlicht das Geld brauchen. Magdalena Neuner war da anders. Der Stern der ehemaligen Biathletin ging 2007 auf, als sie bei der Weltmeisterschaft im Südtiroler Antholz als Debütantin gleich dreimal Gold gewinnt. Da ist sie gerade erst 20.
Magdalena Neuner gelingt eine Karriere im Zeitraffer
Es folgt eine Karriere im Zeitraffer. Die Titel in Antholz machen sie zur jüngsten Weltmeisterin. Sie wird kurz darauf jüngste Gesamt-Weltcupsiegerin. Zweifache Olympiasiegerin. Rekord-Weltmeisterin. In Deutschland löst Neuner eine Welle der Begeisterung aus, die die junge Frau aus dem oberbayerischen Wallgau bald zu überrollen droht. Die FAZ schreibt von einer Neuner-Manie. Die Menschen lieben ihre unkomplizierte und offene Art. Sie leiden mit ihr, wenn sie am Schießstand mit den Nerven kämpft. Regelmäßig sitzen Millionen Menschen vor dem Fernseher, wenn Biathlon übertragen wird. Neuner ist schnell ein Star.
Doch die Begeisterung kennt keine Grenzen. Fremde Menschen stehen in Wallgau plötzlich im Garten vor ihrem Haus und suchen das Gespräch. Ein Stalker klettert sogar auf ihren Balkon und klopft an die Türe. Die Polizei musste anrücken und ihn festnehmen. Die Grenze zwischen der Sportlerin und dem Privatmenschen Magdalena Neuner wird immer wieder überschritten. Rund um die Heim-WM 2012 bekommt sie Morddrohungen. Zivilpolizisten sind während der Wettbewerbe immer an ihrer Seite. Gold-Lena wird sie da schon gerufen, in Anlehnung an die legendäre Gold-Rosi.
Aus der Strickliesl sollte eine junge Frau von Welt werden
Bald schon wird Neuner das alles zu viel. Später sagt sie: „Hätten wir gewusst, was es heißt, berühmt zu sein – wer weiß, ob mich meine Eltern wirklich gelassen hätten.“ Neuner durchlebt eine Wandlung. Aus der Strickliesl, die gerne im Dirndl auf der Harfe spielt, soll eine junge Frau von Welt werden, die sich dafür auch in Dessous fotografieren lässt.
Mitten hinein in die Euphorie, weiter angefacht von den beiden Olympiasiegen 2010 in Vancouver, platzt der Rücktritt. Am 6. Dezember 2011 schreibt sie auf ihrer Homepage, dass nach der Saison Schluss sei. Auf einer Pressekonferenz am nächsten Tag im österreichischen Leogang erklärt sie vor einer riesigen Anzahl von Kameras, Mikrofonen und Journalisten ihre Beweggründe. „Ich habe einfach das Gefühl, dass für mich jetzt etwas Neues beginnt. Ich habe in sportlicher Hinsicht alles erreicht, was ich mir je erwünscht und erträumt habe. Für mich gibt es in sportlicher Hinsicht keine Ziele mehr.“
Neuner: „Ich freue mich auf ein normales Familienleben“
Neuner wirkt gelöst und entspannt, als sie das sagt. Als sei ein riesiger Druck von ihr abgefallen. „Für mich ist das aus dem Bauch raus, aus dem Herzen, der richtige Zeitpunkt, aufzuhören.“ Sie sei noch jung genug, ein ganz neues Leben zu beginnen und noch mal ganz von vorn anzufangen. „Ich denke jetzt erst einmal an mich, so egoistisch das vielleicht klingt. Ich will jetzt auch mal richtig leben. Ich will die Dinge machen, die ich nie machen konnte. Ich freue mich auf eine Adventszeit zu Hause. Im Winter Skifahren gehen. Im Sommer mal irgendwo hinfahren, ganz spontan. Auf ein normales Familienleben.“ Neuner sehnt sich nach Normalität. Den ganzen Trubel um ihre Person hat sie nie gebraucht. Sie heiratet 2014 lieber den Zimmerermeister Josef Holzer, der ebenfalls aus Wallgau stammt, und gründet mit ihm eine Familie. Mittlerweile haben die beiden drei Kinder.
Vor Kurzem hat die 36-Jährige in einem BR-Podcast mit Felix Neureuther noch einmal über ihren Rücktritt geredet. „Im Nachhinein haben natürlich ganz viele gesagt, das war die richtige Entscheidung, aber in dem Moment damals haben viele erst mal Angst gehabt“, sagte sie dem ehemaligen Skirennläufer. Immerhin habe sie einen sicheren Job aufgegeben, mit dem sie erfolgreich war und Geld verdient habe. „Es war auf eine gewisse Art unvernünftig.“ Sie habe aber daran geglaubt, dass es gut werden würde. „Ich hatte immer ein tiefes Vertrauen ins Leben und in diese Kraft, dass es im Leben gut wird.“
Die Diskussion ist geschlossen.