Media-Markt und Saturn im Minus
Metro-Tochter will europaweit 3000 Stellen streichen. Eine neue Strategie für den Online-Handel soll den Anschluss an Konkurrenten wie Amazon sichern
Aschaffenburg „Keiner schlägt die Nummer 1“: In der Werbung präsentiert sich Media-Markt als Preisführer wie eh und je. In den Läden ergibt sich nicht selten ein anderes Bild. Kunden kommen mit Internetpreisen oder Fragen nach Preisnachlässen. Die Kassenpreise von Media-Markt liegen nach einer Analyse vom Jahresbeginn im Durchschnitt um drei Prozent unter den Preisen an den Regalen. Der Branchenriese Media-Markt und sein Schwesterunternehmen Saturn sind von Jägern zu Gejagten geworden. Media-Saturn verbuchte im zweiten Quartal 2011 einen operativen Verlust von 44 Millionen Euro. In der Vergleichszeit des Vorjahres war noch ein operativer Gewinn von 41 Millionen Euro gestanden.
Media-Saturn-Finanzchef Rolf Hagemann zieht eine schonungslose Bilanz: „Wir haben ein Problem, wenn der Kunde nicht mehr das Gefühl hat, er kriegt einen hervorragenden Preis, wenn er in einen Media-Markt geht.“ Das geht nach seinen Worten an die „DNA“ des Unternehmens. Jahrelang hatten Media-Markt und Saturn erfolgreich auf den Preis gesetzt, mit ihrer Werbung „Ich bin doch nicht blöd“ und „Geiz ist geil“. Jetzt müssen sich die Ketten neu erfinden. Internet-Händler wie der US-Riese Amazon ziehen immer mehr Kunden an. Jeder zweite Deutsche kauft häufig oder gelegentlich im Internet ein, wie eine Studie des Beratungsunternehmens Ernst&Young ergeben hat.
Um den verwöhnten Verbraucher zufriedenzustellen, will Media-Saturn sie im Laden und Internet bedienen. Auch online bestellen und im Laden zurückgeben soll möglich sein. Es geht aber nicht nur um Service, sondern auch wieder um den Preis: Mit dem Start der deutschen Online-Shops von Saturn im Oktober und Media-Markt im Januar nächsten Jahres werden die Preise purzeln. Das Online-Startsortiment von 2500 Artikeln soll zu Online-Preisen auch im Laden erhältlich sein. Das ist eine Zäsur für die Preisgestaltung. Jeder Media-Markt und Saturn macht seine Preise bisher selbstständig, die Geschäftsführer sind mit bis zu zehn Prozent am Gewinn beteiligt. Dieses System hatte lange den Internetstart erschwert.
Saturn.de und mediamarkt.de sind für den Mutterkonzern Metro aber nicht die einzigen Projekte der Online-Offensive. Mit Redcoon hat der Handelsriese bereits einen Internet-Händler gekauft. Das Unternehmen mit Sitz in Aschaffenburg erzielte mit 500 Mitarbeitern 2010 einen Umsatz von rund 400 Millionen Euro. 2015 soll der Redcoon-Umsatz auf mindestens eine Milliarde Euro klettern. Darüber hinaus hält Media-Saturn nach weiteren Zukäufen im Internet Ausschau.
Für Preissenkungen braucht Media-Saturn Spielraum. Gekürzt wird wird unter anderem bei den Arbeitsplätzen. In diesem Jahr fallen von den weltweit rund 68000 Jobs europaweit 3000 Stellen weg. Davon ist vor allem die Verwaltung betroffen, sagte die Geschäftsführung. Eine Unternehmenssprecherin betonte gestern, auf die Konzernzentrale in Ingolstadt habe dies keine „gravierenden Auswirkungen“.
Erschwerend hinzu kommt, dass, wie berichtet, bei Media-Saturn ein Machtkampf tobt. Vor Gericht muss entschieden werden, wer in der Ingolstädter Zentrale in Zukunft das Sagen hat: die Düsseldorfer Metro AG, die gut 75 Prozent der Anteile besitzt, oder die beiden Gründer Erich Kellerhals (71) und Leopold Stiefel (66), die zusammen rund ein Viertel halten. Aus Sicht des Metro-Chefs Eckhard Cordes verzögert auch dieser Streit Entscheidungen. Die Alteigner sehen aber ihr Lebenswerk gefährdet. (dpa, AZ)
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