Bsirskes Ruf ist schonlänger ramponiert
Nach den vielen Kritiken an seinem Freiflug in die Südsee zieht Verdi-Chef Frank Bsirske die Reißleine und will nachträglich bezahlen. Doch Bsirskes Ruf ist schon seit längerem ramponiert. Von Rudi Wais
Berlin. So ganz versteht er die Aufregung noch immer nicht. "Es wird hier offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen", findet Frank Bsirske. Ein Kontingent an Freiflügen, wie er sie für seinen fünfwöchigen Urlaub in der Südsee in Anspruch genommen hat, stünde allen Aufsichtsräten der Lufthansa zu - den Kollegen von der Arbeitgeberseite ebenso wie ihm, der als Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Belegschaft vertritt. Bsirske aber klagt: "Es ist eben nicht dasselbe, wenn zwei das Gleiche tun."
Inzwischen hat er zwar angekündigt, er werde die Urlaubsflüge nachträglich bezahlen - allerdings erst, nachdem der öffentliche Druck immer größer wurde und die ersten Rücktrittsforderungen bereits die Runde machten. Er habe die Brisanz des Themas unterschätzt, gesteht der 56-Jährige nun kleinlaut in der Bild-Zeitung. "Das war falsch."
Gerade noch rechtzeitig hat Bsirske damit die Reißleine gezogen: "Ich habe das Büro des Aufsichtsrates gebeten, mir die Kosten des Fluges vollständig in Rechnung zu stellen." Sein Ruf als Lufthansa-Aufseher aber ist schon länger ramponiert.
Vor fünf Jahren bereits hatte die Hauptversammlung dem gelernten Politologen und langjährigen Grünen-Mitglied als erstem Aufsichtsrat eines Dax-Konzerns überhaupt die Entlastung verweigert. Begründung: Das Aktiengesetz verpflichtet ihn als Aufsichtsrat, Schaden von der Lufthansa abzuwenden. Als Gewerkschaftschef hatte Bsirske zu Warnstreiks an Flughäfen aufgerufen, die den Konzern zweistellige Millionenbeträge gekostet hätten. "Herr Bsirske hat die Lufthansa gezielt geschädigt", tobten Aktionärsschützer damals und rügten einen massiven Interessenskonflikt.
Zwischen 6000 und 8000 Euro pro Person kostet ein Erste-Klasse-Flug mit der Lufthansa von Frankfurt nach Los Angeles, wie Bisrske ihn für sich und seine Frau Bettina Jankovsky gebucht hat. Einmal mehr bestätigt der "Yuppie unter den Gewerkschaftsbossen", wie ihn die Frankfurter Allgemeine schon früh genannt hat, damit seinen Ruf als bekennender Genussmensch.
Er trinkt literweise grünen Tee, trägt gern teure Cordanzüge und wirkt nicht nur wegen seiner Parteizugehörigkeit und seiner langen, kompliziert gedrechselten Sätze häufig wie ein Fremdkörper im bodenständigen, sozialdemokratisch geprägten Gewerkschaftsmilieu. Gleichwohl gilt er dort als Mann mit Macht und Einfluss. Vor zwei Jahren zum Beispiel platzierte der Verdi-Chef gegen heftigen Widerstand seine grüne Parteifreundin Annelie Buntenbach als Nachfolgerin der SPD-Frau Ursula Engelen-Kefer im Bundesvorstand des DGB.
Bei Verdi selbst ist der mit knapp 14 000 Euro im Monat entlohnte Bsirske praktisch sakrosankt. Würde er heute gehen: Die Gewerkschaft hätte ähnliche Probleme wie bei ihrer Gründung im März 2001, als quasi über Nacht ein Ersatz für den glücklosen Herbert Mai gefunden werden musste - und in dem damaligen Hannoveraner Personalreferenten Bsirske gefunden wurde.
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