Nach Diesel-Skandal: Bosch investiert Milliarden in den Klimaschutz
Bosch-Chef Volkmar Denner hat lange an dem Paukenschlag gearbeitet. Im Unternehmen bekommt er für seinen Plan Applaus.
Seinem grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann hat er die frohe Umwelt-Kunde noch gar nicht überbracht. „Nein“, sagt Bosch-Chef Volkmar Denner unserer Redaktion, „der weiß noch nichts von dem Vorhaben“. Zunächst hat der Manager Betriebsräte und Führungskräfte über den Beschluss informiert, dass schon 2020 alle Bosch-Standorte weltweit vollständig klimaneutral sein sollen. Dafür habe er auch von Arbeitnehmerseite Applaus bekommen, berichtet der 62-Jährige am Donnerstag bei der Bilanzpressekonferenz des weltgrößten Autozulieferers in Renningen bei Stuttgart.
Bosch investiert zwei Milliarden Euro in Klimaneutralität
Denner nimmt viel Geld in die Hand, um die Umweltbilanz des Unternehmens zu verbessern. Er investiert rund zwei Milliarden Euro für „Klimaneutralität“. Dabei bringt Bosch allein eine Milliarde Euro auf, um mehr Ökostrom zu kaufen und sich CO2-Kompensationszahlungen leisten zu können. Letzterer Punkt zeigt, dass Denner mit einem Öko-Paukenschlag aufwartet. Denn natürlich kann sich Bosch nicht innerhalb eines Jahres zum Super-Umwelt-Konzern wandeln, der kaum noch klimaschädliches Kohlendioxid ausstößt. Deshalb bringt Denner folgende Logik ins Spiel: Weil etwa eine Gießerei nach wie vor reichlich CO2 ausstößt, sorgt Bosch anderweitig für Ausgleich, also für die Einsparung des Klimakillers. Schon heute gleicht Bosch etwa den Erdgasverbrauch in Deutschland durch Investitionen in Windkraftanlagen auf den Philippinen und in der Karibik aus oder unterstützt Aufforstungsaktionen in Panama. Nun will das Unternehmen den Anteil regenerativer Energie aus Wind-, Wasser- und Sonnenkraft deutlich erhöhen, zum Beispiel durch den Ausbau eigener Photovoltaikanlagen wie in Indien.
Im Öko-Überschwang streifen die Bosch-Chefs bei der Bilanzpressekonferenz nur kurz den leicht auf etwa 78,5 Milliarden Euro gestiegenen Umsatz und den im Vergleich zum Vorjahr noch mal besseren Gewinn von rund 3,6 Milliarden Euro. Aber was sind schon Zahlen?
Im Jahr stößt Bosch bislang 3,3 Millionen Tonnen CO2 aus
Denner will ja sozusagen als Chef-Grüner des Konzerns „den blauen Planeten schützen“. Ihm geht es darum, 3,3 Millionen Tonnen, also den jährlichen CO2-Ausstoß von Bosch, „schnell auf null zu bringen, also nie wieder einen CO2-Fußabdruck zu hinterlassen“. Auch Unternehmen wie Bosch dürften hier nicht warten, doziert der promovierte Physiker. Zu der Milliarde für den Einkauf zusätzlichen Ökostroms und den Ausgleich für den zu hohen CO2-Ausstoß kommt eine weitere Milliarde hinzu. Diese Summe investiert Bosch in Techniken, um Energie effizienter zu nutzen. Dadurch rechnet Denner mit Einsparungen in etwa gleicher Höhe: „Denn jede Kilowattstunde, die wir nicht verbrauchen, spart CO2 und Geld.“ Nach seiner Rechnung kostet das Projekt „Klimaneutralität“ dem Unternehmen unter dem Strich eine Milliarde Euro, immer noch eine immense Summe, selbst für den Konzern, der weltweit rund 410.000 Menschen beschäftigt.
Dabei haben die Schwaben natürlich zunächst ein Jahr lang durchgerechnet, ob sie sich das Projekt „Weltrettung“ auch dann leisten können, wenn die wirtschaftlichen Zeiten für sie schlechter werden. Und schon trüben sich die Konjunkturaussichten für den Autozulieferer in diesem Jahr immer weiter ein. Doch Denner und sein Team kamen zum Schluss, dass sich Bosch das bessere Gewissen gönnen darf. Dank dieser Erkenntnis sagt der Manager Sätze, die in einem Ratespiel viele eher dem grünen Landesvater Kretschmann oder Stuttgarts ebenfalls grünem Oberbürgermeister Fritz Kuhn zurechnen würden: „Klimaschutz geht jeden an, aber es ist zu wenig, wenn jeder sich auf den anderen verlässt.“ Oder: „Für unsere Zivilisation ist der Klimaschutz eines der wichtigsten Projekte.“
Dieselskandal: Auch Bosch war am Betrug beteiligt
Bei so viel Umwelt-Revoluzzertum wäre beinahe in Vergessenheit geraten, dass auch Bosch im deutschen Diesel-Skandal am Pranger steht. Journalisten erinnern Denner dann doch an die belastende Geschichte, schließlich hat der Konzern an VW Teile für die problematischen Dieselautos geliefert. In den USA mussten die Stuttgarter schon millionenschweren Vergleichen zustimmen. Wie es hierzulande für sie läuft, ist noch unklar.
Bosch hat jedenfalls 1,2 Milliarden Euro für Rechtsrisiken zurückgelegt, das meiste davon für mögliche Belastungen aus der lästigen „Diesel-Thematik“, wie der Skandal bei VW genannt wird. Und es gibt noch ein weiteres unangenehmes Thema für Bosch: Weil die Nachfrage nach Dieselautos sinkt, musste der Konzern 2018 rund 600 Jobs abbauen. Befristete Verträge wurden nicht verlängert. Mitarbeiter gingen in Altersteilzeit. Derart „sozial verträglich“ soll es 2019 weitergehen. Der Konzern-Chef verspricht, weiter auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, Es könnten aber zusätzliche Stellen im Dieselbereich, an dem bei Bosch 50.000 Arbeitsplätze hängen, wegfallen. Trotzdem investiert Denner Milliarden in den Umweltschutz.
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