Warum sich der Chef einer Augsburger Zeitarbeitsfirma ärgert
Martin Krohne ist Chef einer Augsburger Zeitarbeitsfirma. Er wehrt sich gegen das schlechte Image, das seine Branche hat.
Herr Krohne, warum ist Zeitarbeit gut für Arbeitnehmer?
Martin Krohne: Weil wir es schaffen können, den Beschäftigten eine wichtige Stütze auf dem Weg in den Arbeitsmarkt zu sein. Wir setzen uns mit jedem Beschäftigten, der sich bei uns bewirbt, intensiv auseinander und tun Gleiches mit unseren Kunden, den Unternehmen. Auf diese Weise finden wir ganz genau heraus, welcher Mitarbeiter zu welchem Unternehmen passt. Darüber hinaus haben wir in unserer Vermittlerrolle die Möglichkeit, unsere Mitarbeiter beim Kunden aktiv zu bewerben und ihre Vorteile herauszuheben. Das Unternehmen bekommt von uns genau den Mitarbeiter vorgeschlagen, der auf das gesuchte Profil passt. Ohne zeitaufwendige Bewerbungsrunden.
Und dazu sind Zeitarbeiter billiger und lassen sich schneller loswerden?
Krohne: Das ist ein Vorurteil! Die Liberalisierung der Branche 2002 hat dazu geführt, dass wir auch vermehrt qualifiziertes Personal vermitteln können und sich so die Ansprüche und Umgangsarten verändert haben. Seit der erneuten Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes 2017 gibt es gesetzliche Vorgaben, die etwa regeln, dass Zeitarbeiter nach einer gewissen Frist das Gleiche verdienen müssen, wie die Stammbelegschaft. Dazu kamen weitere tarifliche Regelungen. Und nicht zu vergessen: Wir werden regelmäßig von der Agentur für Arbeit oder auch dem Zoll kontrolliert, ob wir alle Vorgaben einhalten. Wenn nicht, drohen hohe Strafen und im Ernstfall sogar die Schließung.
Dennoch gibt es immer wieder Geschichten, wonach Beschäftigte bei Nacht und Nebel zu einem neuen Arbeitgeber gebracht und sich selbst überlassen werden oder deutlich unter zehn Euro verdienen. Wie kann das sein?
Krohne: Eigentlich können diese Geschichten nicht stimmen. Seriöse Zeitarbeitsfirmen betreuen ihre Mitarbeiter auf ihrem Weg zum Kunden und beim Wechsel an einen neuen Arbeitsplatz. Und auch die Bezahlung ist tariflich genau geregelt. Das Einstiegsgehalt einer Fachkraft muss mindestens 12,89 Euro betragen. Bei Helfern sind es 9,96. Aber viele Unternehmen zahlen deutlich mehr. Für eine Fachkraft meist um die 16 Euro und darüber. Einige bieten sogar schon ab dem ersten Monat gleiche Bezahlung wie für die Stammbelegschaft.
Aber irgendwo müssen diese Geschichten ja herkommen ...
Krohne: Sicher gab es in der Vergangenheit schwarze Schafe, die sich nicht immer korrekt verhalten haben und so dem Image der Branche nachhaltig geschadet haben. Aber diese wurden über unsere Dachverbände über tarifliche Regelungen und Schaffung eines Ethik-Kodex in den letzten zehn Jahren merklich zurückgedrängt. Dazu haben wir das Problem, dass zur Gründung einer Zeitarbeitsfirma zwar eine Erlaubnis der Arbeitsagentur eingeholt werden muss, diese überprüft aber erst nach einem Jahr die Qualität der Gründer. Da ist das Kind manchmal schon in den Brunnen gefallen. Vielleicht wäre es besser, wie in Österreich, vorab auf Eignung zu prüfen, um die letzten schwarzen Schafe auszumustern.
Gewerkschaften mahnen immer wieder an, dass Zeitarbeiter aufgrund der befristeten Verträge großem psychischen Druck ausgesetzt sind. Stimmt das?
Krohne: Ein Zeitarbeiter sitzt immer auf einem heißen Stuhl. Er kann binnen einer Woche ohne Weiteres abgemeldet werden. Jetzt kommt jedoch das große Aber. Der Betroffene ist dann zwar nicht mehr bei unserem Kunden in Arbeit, aber nach wie vor Mitarbeiter bei uns. Er hat also weiter einen unbefristeten Arbeitsvertrag und bekommt ein Gehalt. Nun ist es an uns, ihn anderswo unterzubringen.
Kommt es zu einem Stellenabbau, müssen oft die Leiharbeiter zuerst gehen.
Krohne: Das ist zugegeben ein Handicap der Zeitarbeit. Allerdings stellen wir fest, dass daran nicht mehr so rigoros festgehalten wird. Unternehmen prüfen häufiger andere Möglichkeiten. Etwa ob sich durch Altersteilzeit für einen Stammmitarbeiter ein Arbeitsplatz für einen guten Leiharbeiter erhalten lässt.
Wie trifft Sie die Konjunkturpause?
Krohne: Wir spüren, dass die Vermittlung unserer Mitarbeiter etwas länger dauert. Wie das weitergehen wird, ist schwer vorauszusagen. Gerade in der Industrie kann es schnell gehen. In die eine, wie in die andere Richtung. Wir sind breit aufgestellt, um unsere Mitarbeiter und uns krisenfest zu machen.
Zur Person Martin Krohne ist Geschäftsführer der Augsburger Zeitarbeitsfirma personal in time. Er ist seit Jahren in der Branche.
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Die Diskussion ist geschlossen.
-ich stimme dem Kommentar von Gerd voll zu.
Die Zeitarbeiter verdienen viel wenige wie das angepriesene Gehalt und auch die Aussage
"Seriöse Zeitarbeitsfirmen betreuen ihre Mitarbeiter" ist nicht so ganz zutreffend.
Die meisten zahlen mit Sicherheit such nur den gesetzlichen Mindestlohn.
Von der Qualität der Mitarbeiter ganz zu schweigen.
Eine nette Werbung für die Zeitarbeit, die aber so nicht stimmen kann.
Tarifverträge der Zeitarbeit unterscheiden sich sehr stark im Verdienst der Beschäftigten.
Zeitarbeitsfirmen sind auch immer noch Auftragnehmer von deren Auftragsgeber.
Jede Zeitarbeitsfirma will einen lukrativen Vertrag mit möglichst hohem Profit und möglichst
wenig Ausgaben an den Beschäftigten.
Die Definition einer Fachkraft oder einer Hilfskraft ist eher willkürlich, nach Vorgaben der beauftragten Firma,
und/oder dem Empfinden des Zeitarbeitsunternehmen zu zu ordnen. Ich würde sogar behaupten dass erst einmal alle
unterhalb ihrer Qualifikation eingestellt werden.
Die Regelung dass Zeitarbeiter nach X-Monaten das gleiche verdienen "müssen" oder in den ausleihenden Betrieb "übernommen"
werden "müssen"; Jeder Zeitarbeiter wusste um den Blödsinn dieses "Gesetzes" dass so einfach sowohl seitens der
Unternehmer als auch der Zeitarbeitsfirmen ausgehebelt werden kann.
Und die Aussage:
"Ein Zeitarbeiter sitzt immer auf einem heißen Stuhl. Er kann binnen einer Woche ohne Weiteres abgemeldet werden. Jetzt kommt jedoch das große Aber. Der Betroffene ist dann zwar nicht mehr bei unserem Kunden in Arbeit, aber nach wie vor Mitarbeiter bei uns. Er hat also weiter einen unbefristeten Arbeitsvertrag und bekommt ein Gehalt. Nun ist es an uns, ihn anderswo unterzubringen."
Dieses "...ihn anderswo unterzubringen" kann auch wirklich ganz woanders sein.
Also irgendwo, wo die Leiharbeitsfirma Auftraggeber hat.