So gelang das Audi-Comeback in schweren Zeiten
Trotz des Chipmangels ist es Audi gelungen, mit guten Zahlen den Diesel-Skandal abzustreifen. Doch Firmenchef Duesmann fällt es schwer, über Erfolge zu sprechen.
Seit knapp zwei Jahren ist der 52-jährige Audi-Chef. Als Markus Duesmann richtig loslegte, hatte die Pandemie das Unternehmen bereits fest im Griff. Er selbst sollte sich kurz vor seinem Impftermin mit Corona infizieren. Es dauerte, bis der Manager die Krankheit voll überwunden hatte. Eine Krise folgte auf die andere. Denn als das Unternehmen die Pandemie-Auswirkungen abzustreifen begann, wurden Halbleiter zunehmend knapp. Nachdem sich dann abgezeichnet hatte, dass sich die Chipversorgung für die Autoindustrie in diesem Jahr deutlich verbessern könnte, überfiel Russland die Ukraine. Seitdem fehlen aus dem Land wichtige Zulieferteile wie Kabelbäume. Das trifft auch Audi voll: Das Unternehmen teilte auf Anfrage mit, dass die Produktion etwa der A4- und A5-Modelle in Ingolstadt bis 29. März und zum Teil bis 31. März weiter ruhe.
Duesmann kommt nicht aus dem Krisenmodus heraus – und doch ist es ihm mit den Audianerinnen und Audianer gelungen, aus dem Krisenjahr 2021 ein Erfolgsjahr für das Unternehmen zu machen. Das Comeback lässt sich an Rekordzahlen ablesen: So fuhr die Volkswagen-Tochter ein operatives Ergebnis von 5,5 Milliarden Euro ein, nach 2,6 Milliarden Euro in 2020, also dem ersten Corona-Jahr. Und dies glückte, obwohl Audi mit 1,68 Millionen Fahrzeugen etwas weniger Autos als im Vorjahr auslieferte. Den Erfolg führt der Audi-Chef bei der Jahrespressekonferenz des Unternehmens am Donnerstag unter anderem auf „Kostendisziplin“ und „die gute Preisposition“ zurück.
Die Nachfrage nach Audi-Autos ist groß
Es ist kein Geheimnis, dass im vergangenen Jahr die Nachfrage nach Autos groß war, doch das Angebot wegen der fehlenden Chips dem Ansturm nicht standhielt. Die Hersteller konnten für ihre begehrte Ware also bessere Preise durchsetzen und damit die lange üblichen Rabatte begrenzen. Das führt natürlich zu höheren Gewinnen, wie auch die schon in diesem Jahr vorgelegten Bilanzen von Mercedes-Benz, Volkswagen und BMW zeigen.
Audi konnte etwa 2021 eine „sechsstellige Zahl“ an Autos nicht produzieren, weil das Unternehmen mit zu wenigen Halbleitern beliefert worden war. Die gute Finanzlage des Unternehmens spiegelt sich auch in einer weiteren Kennziffer wider, nämlich dem Netto–Cashflow, also den frei verfügbaren Geldmitteln. Auch hier hat das Unternehmen in einer nicht enden wollenden Aneinanderreihung von Krisen einen Spitzenwert mit rund 7,8 Milliarden Euro gegenüber etwa 4,6 Milliarden Euro im Vorjahr erzielt. Das Audi-Management ist auf die Milliarden angewiesen, um den versprochenen Ausstieg aus der Verbrenner-Technologie und den massiven Ausbau der Elektro-Flotte zu finanzieren. Cash ist in Zeiten des radikalen Umbruchs der Branche mehr denn je King.
Von der positiven Entwicklung profitieren auch die Audi-Beschäftigten: Die Facharbeiterinnen und Facharbeiter in Ingolstadt und Neckarsulm erhalten wieder eine hohe Ergebnisbeteiligung. Das Audi-Comeback schlägt an die Basis durch. Diese Beschäftigten bekommen für das Jahr 2021 einen Bonus von 5670 Euro, während es 2020 noch 1080 Euro waren. Dabei zeigte sich das Audi-Management mit dem Verweis auf gefüllte Auftragsbücher und eine weiterhin hohe Nachfrage „zuversichtlich“ für dieses Jahr. Doch das Unternehmen muss wie alle anderen auch mit einer großen Unbekannten leben, schließlich ist offen, wie es mit dem Krieg in der Ukraine weitergeht. Duesmann und seinen Kolleginnen und Kollegen im Vorstand ist anzumerken, wie sehr sie das alles belastet. Noch ehe der Audi-Chef auf Geschäftszahlen und Strategien zu sprechen kommt, sagt er: „Mir fällt es schwer, die richtigen Worte zu finden. Wir sind bestürzt und betroffen von den anhaltenden Nachrichten zum Krieg in der Ukraine.“ Für ihn zeigen die vergangenen Wochen „leider, dass das Leben in Frieden und Freiheit in Europa nicht selbstverständlich ist“.
Audi hat Produktion in Russland gestoppt
Audi hat die Produktion in und den Export nach Russland gestoppt. Für Duesmann steckt in dem Krieg auch eine energiepolitische Botschaft: Aus seiner Sicht müssen Länder wie Deutschland nicht nur aus klima-, sondern auch aus sicherheitspolitischen Gründen die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern wie Erdöl und Gas verringern. Der Verfechter von Elektroautos hofft, dass sich durch die bittere Erkenntnis die Energiewende in Deutschland beschleunigt. In diesem Zusammenhang fordert der Audi-Chef: „Wichtig ist, dass sich Politik und Wirtschaft bereits jetzt gemeinsam mit mittel- und langfristigen Szenarien auseinandersetzen und einen Plan entwickeln, wie es weitergeht.“ Die Ingolstädter sehen sich unter den Autobauern vorne beim Klimaschutz.
Duesmann hebt hervor, dass Audi Mitte 2021 als erster deutscher Premiumhersteller den Ausstieg aus dem Verbrennergeschäft verkündet habe. Demnach bringt das Unternehmen von 2026 an weltweit neue Modelle nur noch mit vollelektrischem Antrieb auf den Markt. Dann will Audi schon mehr als 20 batterieelektrische Fahrzeuge anbieten. Auf der Reise zu der schrittweisen Dekarbonisierung, also der Abkehr von Benzin und Diesel als Antriebsstoffe, nimmt Audi auch die Zulieferer in die Klimaschutz-Pflicht, schließlich muss die ökologische Gesamtbilanz stimmen. So sollen die CO2-Emissionen entlang der gesamten Produktionskette bis 2030 um 40 Prozent im Vergleich zum Jahr 2018 geringer ausfallen. Duesmann sieht das Unternehmen auf dem richtigen Weg hin zu CO2-neutraler und weiterhin individueller Mobilität.
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